Hannover/Bremen (dpa/lni) - Kein Shakespeare, kein Mozart - die Theater im Norden durchleben in der Corona-Pandemie eine Hängepartie. Der Spielbetrieb ruht, das geht aus den Rechtsverordnungen in Bremen und Niedersachsen hervor. Doch die Möglichkeit, nach deren Auslaufen wieder spielen zu können, ist eher theoretisch.
«Wir gehen davon aus, dass wir in dieser Spielzeit keine Vorstellungen aus unserem Repertoire geben können», sagt Christiane Hein, Sprecherin der Staatsoper Hannover. Auch der Bremer Intendant Michael Börgerding erwartet nicht, dass vor den Theaterferien Mitte Juli noch gespielt wird. Er setze seine Hoffnungen auf die neue Saison, sagte Börgerding der Deutschen Presse-Agentur. Deren Beginn plant er einstweilen für 27. August.
Offiziell abgesagt ist der Rest der Spielzeit noch nicht, das Signal müsste aus der Politik kommen. Man sei mit den drei niedersächsischen Staatstheatern in Hannover, Oldenburg und Braunschweig im Gespräch, sagt die Sprecherin des Kulturministeriums in Hannover, Heinke Träger.
«Mein Herz ist natürlich dafür, das Theater zu öffnen», sagt der Bremer Bürgermeister, Kultursenator und treue Theaterabonnent Andreas Bovenschulte (SPD). Doch mit Zusagen hält er sich zurück. Einfacher könnte es sein, die Museen wieder zu eröffnen, «wo die Leute kürzer nebeneinanderstehen», sagt er.
Immerhin kommt in die Kulturpolitik Bewegung. Die Kulturminister der Länder haben vergangene Woche beraten. Bei der nächsten Schalte von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten soll es neben Tourismus auch um Kultur gehen. Einige Bundesländer haben ihren Theatern signalisiert, dass es vor Herbst nicht weitergehen wird. «Ich finde hilfreich, dass das kommuniziert wird», sagt Börgerding.
Das Schlosstheater Celle hat seine Spielzeit vorzeitig beendet - «schweren Herzens», wie es auf der Homepage heißt. Intendant Andreas Döring sagte, es fehlten Vorschläge, «wie gelernte Abstands- und Hygiene-Regeln durch entsprechende Raumkonzepte auf Kulturveranstaltungen konkret übertragen werden können». Ohne sie sei Planung unmöglich. Jedes Theater falle auf seine hausgemachten Prognosen zurück. «Es fehlt derzeit das politische Signal.»
Auch Kay Kruppa, Intendant des privaten Weyher Theaters, verlangt mittelfristige Entscheidungen, damit man «zumindest negative Planungssicherheit» habe. «Wir sind die ersten gewesen, die schließen mussten, und wir werden die letzten sein, die wieder öffnen dürfen», sagt er pessimistisch. Wenn auf der Bühne ein Abstand von 1,50 Meter gelten müsse, «dann haben wir keine Stücke». Abstand ist das Problem auch im Zuschauerraum. Bei Einhaltung aller Regeln könnten im Großen Haus am Bremer Goetheplatz von 800 Plätzen nur 106 genutzt werden, rechnet Intendant Börgerding vor.
Die Häuser basteln zwar an Konzepten für kreative Zwischenlösungen, «kleine Stücke auf großen Bühnen» oder unter freiem Himmel, vielleicht verbunden mit Außengastronomie. Nur spruchreif ist davon wenig. Denn nichts geht ohne Zustimmung von Amtsarzt und Ordnungsamt.
Vorerst bleibt den Theatern, sich online zu zeigen. Schauspieler, Sänger, Tänzer posten kurze Beiträge, Ausschnitte von Aufführungen sind anzuschauen. Doch ein Ersatz ist das nicht. «Online ist einfach für lebendige Kultur suboptimal», sagt Staatsoper-Sprecherin Hein. In Bremen werden Brieffreundschaften zwischen Mitarbeitern des Theaters und dem Publikum gestiftet. «Solche Aktionen versuchen wir, damit der Kontakt nicht abreißt, sagt Intendant Börgerding.
Solange Schauspiel- und Ballettensembles, Orchester und Chöre nicht proben können, ist auch der Neubeginn im Herbst ungewiss. In Bremen sollen als Premieren die schon weitgehend fertiggeprobte Oper «Falstaff» von Giuseppe Verdi und das Schauspiel «Die heilige Johanna der Schlachthöfe» von Bertolt Brecht laufen. Für die Staatsoper Hannover sagt Hein: «Wir haben mittlerweile den vierten Plan für die neue Spielzeit aufgestellt.»