Der heutige Filmkomponist sei eine Art Chamäleon, meinte Jörg Evers, selbst Komponist und Mitglied des Aufsichtsrates der GEMA: Urheber, ausübender Künstler und Produzent, oft auch Tonträgerhersteller. Das alles in einer Person mit allen urheber-, leistungsschutz-, und arbeitsrechtlichen Konsequenzen.Der Composers Club (CC), Berufsverband der Filmkomponisten, und der Deutsche Komponistenverband (DKV) hatten im Rahmen der Medientage München 2002 zu einem Symposium geladen, das sich mit den „Spielregeln des Medienmonopoly“ speziell mit dem Thema „Filmmusik und das neue Urhebervertragsrecht“ befasste.
Der heutige Filmkomponist sei eine Art Chamäleon, meinte Jörg Evers, selbst Komponist und Mitglied des Aufsichtsrates der GEMA: Urheber, ausübender Künstler und Produzent, oft auch Tonträgerhersteller. Das alles in einer Person mit allen urheber-, leistungsschutz-, und arbeitsrechtlichen Konsequenzen.Der Composers Club (CC), Berufsverband der Filmkomponisten, und der Deutsche Komponistenverband (DKV) hatten im Rahmen der Medientage München 2002 zu einem Symposium geladen, das sich mit den „Spielregeln des Medienmonopoly“ speziell mit dem Thema „Filmmusik und das neue Urhebervertragsrecht“ befasste. Vom klassischen Tonsetzer sei das Berufsbild des Filmkomponisten in der deutschen Filmund Fernsehproduktion heutzutage meilenweit entfernt: Dass der Komponist eine filmadäquate Partitur abliefere, die von der Filmproduktion im Tonstudio mit hierfür eigens verpflichteten Musikern, eventuell unter dem Dirigat des Autors aufgenommen werde, sei die ganz seltene Ausnahme, zum Beispiel bei großen Spielfilmen. Die Regel sei, führte Evers aus, dass der Komponist verpflichtet werde, für eine Pauschale zwischen zwölf und fünfzehntausend Euro ein mischtonfähiges vollständiges Masterband abzuliefern. Mit dieser Pauschale seien die Erstellung der Komposition und alle erforderlichen Arbeitsleistungen sowie jeglicher Aufwand für die Tonaufnahmen einschließlich der Gagen der Musiker, ferner Schnitt und Endmischung des Musikmasterbandes abgegolten, nicht zuletzt auch das Verfilmungseinwilligungsrecht und das Produzentenrecht des Komponisten. Das könne anders gar nicht sein, erläuterte Bernd Burgemeister, der Vorsitzende des Bundesverbandes der deutschen Fernsehproduzenten. Zum einen seien in den Produktionsetats der auftraggebenden Fernsehveranstalter höhere Ansätze für die Musik nicht durchsetzbar, zum anderen biete dieses Verfahren doch auch dem Komponisten Chancen: er könne selbst entscheiden, wie hoch der Produktionsaufwand, wie hoch das ihm verbleibende Honorar sei.Im Übrigen erhalte er ja die eigentliche urheberrechtliche Vergütung für die Nutzung seiner Komposition bei Sendung oder Filmvorführung von der GEMA, der er in aller Regel die Wahrnehmung seiner sogenannten Erstrechte abgetreten habe.
Wilhelm Nordemann, einer der Autoren des „Professoren-Entwurfs“ zum Urhebervertragsrecht und zugleich Justitiar des DKV, musste letzteres bestätigen: Das neue Urhebervertragsrecht regele nicht die Arbeitsentgelte von Künstlern, sondern sichere ihnen die angemessene Vergütung für die Nutzung der von ihnen erarbeiteten, geschaffenen Werke. Und die GEMA-Vergütung sei im Zweifelsfall die angemessene. Hielten die Filmkomponisten sie für unangemessen, müssten sie innerhalb der Gremien der GEMA tätig werden. GEMA-Aufsichtsrat Evers nickte mit leicht verzerrter Miene.
Eine aufgestellte Vergleichsrechnung ergab: Von der Produktionspauschale verbleibt dem Komponisten zum Beispiel einer „Tatort“-Musik nur dann ein nennenswerter Betrag, wenn er bei der Produktion des Masterbandes möglich viel selbst macht, auch selber (zum Beispiel elektronisch) musiziert und benötigte technische Hilfskräfte, Sänger oder Instrumentalisten möglichst preisgünstig engagiert. Hohen künstlerischen Ansprüchen und dem Zeitaufwand sind dann enge Grenzen gesetzt. Mit den entsprechenden Folgen ...
Von der GEMA erhält der Komponist pro Sendung des „Tatorts“ rund 3.000 Euro. Weitere fünf Mal müsse dieser „Tatort“ wiederholt werden, rief jemand aus dem Publikum hinauf zum Podium, bis der Komponist über ein Honorar in Höhe dessen verfüge, was ein Drehbuchautor bereits für die Erstsendung erhält.
Schlimmer noch, ergänzte Jochen Schmidt-Hambrock, Vorstandsmitglied des CC. Oft genug mache es der Filmproduzent oder das auftraggebende Sendeunternehmen zur Bedingung, dass der Komponist sämtliche Verlagsrechte an seinem Werk einem Musikverlag übertrage. Folge dieser „Inverlagnahme“ sei es, dass der Verlag beim Aufführungs- und Senderecht rund ein Drittel, beim Vervielfältigungsrecht 40 Prozent der GEMA-Ausschüttungen einbehalte. Die Gegenleistung des Verlegers beschränke sich auf einige abrechnungstechnische Hilfestellungen.
Sowohl Nordemann als auch Martin Vogel, ebenfalls Mitverfasser des „Professoren-Entwurfs“, erklärten dezidiert, dass diese Praxis einer gerichtlichen Überprüfung vor dem Hintergrund des neuen Urhebervertragsrechts nicht standhalten würde. Mit der unentgeltlichen Übertragung der Verlagsrechte werde dem Komponisten die angemessene wirtschaftliche Beteiligung an den Erlösen aus der Nutzung seines Werkes vorenthalten. Die Vertreter der beiden mehrfach angesprochenen Verlage, des ZDF-eigenen Dany-Verlages und der Bavaria-Sonor, beide gemeinnützigen öffentlich-rechtlichen Familien zugehörig, glänzten beim Symposium durch Abwesenheit.
Stefan Meuschel, Mitglied des Vorstandes des Bundesverbandes Regie (BVR), stellte das ganze Verfahren der pauschalen Abgeltung der Herstellung des Musikmasterbandes durch den Komponisten in Frage. Zum einen führe es zwangsläufig zu einer Art Fließbandmusik – weshalb lassen sich die Regisseure darauf ein? – zum anderen sei es weder urheber- noch wahrnehmungsrechtlich stubenrein. Die Pauschale zwänge das Komponisten-Tonträgerhersteller-Chamäleon geradezu zur selbstausbeutenden Manipulation. Und wie honoriere es die ausübenden Künstler, sich selbst eingeschlossen, welche Honorare werden der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) der „Musikanten-GEMA“ gemeldet? Eine Aufteilung der Pauschale in Handlungsunkosten des Musikproduzenten, technische Kosten der Produktion und Musikhonorare sollten die Filmkomponisten als strukturelle Forderung all ihren Überlegungen zu Grunde legen, die sie jetzt zur Vorbereitung von Verhandlungen mit den Film- und Fernsehproduzenten zur Umsetzung des neuen Urhebervertragsrechts anstellen. Und Martin Vogel gab auch gleich einen inhaltlichen Hinweis: Da das Verfilmungseinwilligungsrecht des Komponisten dem neuen §32 des Urheberrechtsgesetzes unterliege, sollten CC und DKV nicht zögern, für ihre Mitglieder die Aufnahme von Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln zu fordern.