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neue musikzeitung: 1991 stießen Sie zum Gustav Bosse Verlag, einem Tochterunternehmen des Bärenreiter Verlags Kassel. In welcher Funktion?
1993 gründeten Theo Geißler und Felix Maria Roehl die ConBrio Verlagsgesellschaft, und, kaum ein Jahr später, zusammen mit dem Komponisten Franz Hummel und der Musikprofessorin Elisabeth Gutjahr den Accent Musikverlag. Mit ConBrio übernahmen sie die neue musikzeitung und begannen einen Musikbuch-, Musikpädagogik- und Musikzeitschriftenverlag aufzubauen. Accent brachte unterdessen neue Werke von Franz Hummel und anderen Komponisten heraus. Doch schon drei Jahre nach der Gründung berührte das Projekt eines Musicals über Ludwig II. die Regensburger Verlagswelt. Hummel wurde sein Komponist und Roehl begann, sich mit dem Urheber der Idee, Stephan Barbarino, um die Verwirklichung zu kümmern. Ende 1996 wurde eine Projektgesellschaft in München gegründet, Roehl übernahm die Geschäftsführung. Im Herbst 1998 war es dann soweit: Die Finanzierung des 80-Millionen-Projektes war gesichert, als Betriebsgesellschaft die Ludwig Musical AG & Co. Betriebs-KG gegründet und der Bau für das Musical Theater Neuschwanstein, eines der größten Theaterneubauten in Süddeutschland nach dem Krieg, hatte begonnen. Damit war endgültig besiegelt, dass Roehl, nunmehr Vorstand bei Ludwig Musical, nicht mehr den Weg von ConBrio begleiten kann. Mitte vergangenen Jahres trennten sich daher Theo Geißler und Roehl bei ConBrio, damit endete Roehls Zeit als Mitverleger und Mitgeschäftsführer beim Verlag der neuen musikzeitung, die seitdem von Theo Geißler allein geführt wird. Andreas Kolb sprach mit Felix Maria Roehl über seine persönlichen Erfahrungen, über musikwirtschaftliche und kulturpolitische Themen. neue musikzeitung: 1991 stießen Sie zum Gustav Bosse Verlag, einem Tochterunternehmen des Bärenreiter Verlags Kassel. In welcher Funktion? Felix Maria Roehl: Theo Geißler hatte die Idee zu einer Zeitschrift für Eltern von Musikschülern. Wir nannten sie „MusE – Zeitschrift für Musik und Eltern“. Eineinhalb Jahre war ich Redaktionsleiter des Magazins, das dann leider nicht weitergeführt wurde. Warum? Die Mobilisierung von Eltern für eine massive Unterstützung der Musikschularbeit war mit diesem Medium nicht gelungen. Unser Bestreben war, unter den Eltern aktive Bundesgenossen für die in Deutschland im internationalen Vergleich zwar gut ausgebauten, bei näherem Hinsehen jedoch häufig finanziell und strukturell nur schwach ausgerüsteten öffentlichen Musikschulen zu bekommen. Trotz viel Idealismus und aufreibenden Engagements blieb die notwendige Auflage jedoch aus. Vielleicht war auch die Anlaufzeit, die wir dafür hatten, zu kurz. Ein Teil des Verlags blieb bei Bärenreiter, einen Teil übernahmen Theo Geißler und Sie mit ConBrio. Wie sah dieses Management-Buy-Out aus? Geißler war Prokurist und Verlagsleiter des Gustav Bosse Verlags. Im Rahmen einer Umstrukturierungsmaßnahme holte der Bärenreiter Verlag 1993 den Gustav Bosse Verlag nach Kassel. Geißler blieb jedoch in Regensburg und gründete mit mir zusammen die ConBrio Verlagsgesellschaft. Das war eine richtige Existenzgründung, das heißt, wir beantragten und bekamen Existenzgründerdarlehen, kauften die Betriebsausstattung und übernahmen einen Teil der Bosse-Mitarbeiter. Dazu zählte auch die Redaktion der nmz. Ich erinnere mich an manchen kritischen Beitrag von Ihnen zu Themen wie Kulturfinanzierung, Sponsoring. Hier gab und gibt es immer wieder dramatische Einschnitte in die Etats aller Kulturinstitutionen zu kommentieren. Wie passt Ihre damalige Argumentation mit Ihrer neuen Tätigkeit zusammen, schließlich führen Sie ein Unternehmen, dass mit hohen Eintrittspreisen ein Massenpublikum anziehen muss, um existieren zu können. Ich sehe nicht ein, warum das eine immer wieder gegen das andere ausgespielt werden soll. Wir leben nun einmal in einer sozialen Marktwirtschaft, in der Unternehmen Geld verdienen müssen und sollen. Und viele Bereiche des kulturellen Lebens kommen ohne staatliche Zuschüsse aus, sie verdienen mit ihren kulturellen Angeboten gutes Geld. Das ist per se auch noch keine Frage der Qualität. Kunst ist nicht automatisch gut und Kommerz zwangsläufig schlecht! Gute und schlechte Ideen und Leistungen, Relevantes und Überflüssiges, sogar Ärgerliches, gibt es in allen Bereichen, egal wie sie sich finanzieren. Ich führe ein Unternehmen, das bisher und hoffentlich für immer fast ohne staatliche Förderung bei der Finanzierung auskommt, jedoch mehr noch als viele andere allein schon wegen seiner Größe und Bedeutung für die Region auf die Unterstützung der Behörden und Institutionen angewiesen ist, die wir bisher auch erhalten haben. Das heißt nicht, dass ich, wie leider so mancher meiner Kollegen in den Führungsetagen von Unternehmen, die mit Musik und Kunst Geld verdienen, die feste Integration von kulturellen und vor allem auch kulturpädagogischen, wertebildenden Aktivitäten und Institutionen in den staatlichen Aufgabenkatalog für nicht so wichtig halte oder gar ablehne. Im Gegenteil: Wir in Deutschland sollten alle stolz sein auf unser reichhaltiges und vielfältiges kulturelles Leben und es nicht stiefmütterlich, sondern engagiert pflegen! Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der nmz? Die neue musikzeitung ist schon etwas Besonderes: Es gibt eigentlich kein anderes Printmedium mehr, in dem die Belange des Musiklebens, und zwar vor allem der Musikpädagogik und der Neuen Musik, so ausführlich und mit so hohem Servicecharakter für die Leser, vertreten werden. Ich wünsche dem ganzen nmz-Team, dass dies ihre Leser und auch die Musikverbände wohl zu schätzen wissen und ihnen klar ist, dass, wenn sie den doch eher kleinen Beitrag für das Jahresabo nicht übrig zu haben glauben, sie mit dem Fortbestand dieses traditionsreichen Forums für die Musikkultur spielen. Denn auch die nmz muss ohne Subvention leben. Die nmz bewahrt und ist dennoch innovativ: Obwohl ich in diesen Wochen vor der Uraufführung von „Ludwig II.“ verdammt wenig Zeit habe, schaue ich fast jeden Tag kurz auf der Webseite der nmz vorbei, was es Neues in der „Giftküche“, dem News- und Gerüchteraum der nmz im Internet gibt. Das freut uns natürlich, aber kommen wir zu Ihrer derzeitigen Aufgabe. Haben Sie keine Angst vor dem, was Sie gerade tun, angesichts der Musicalkrise in Deutschland? Angst kann zwar auch antreiben, doch Mut ist mir lieber. Den hatte Stephan Barbarino, als er sich vor inzwischen schon über fünf Jahren ganz und gar seiner Idee eines Ludwig-Musicals am Originalschauplatz verschrieb. Doch der Mut, den dann viele Mitstreiter, Banken, Investoren, Behörden und nicht zuletzt die Mitarbeiter teilten, wurde und wird belohnt. Denn das Musical Theater Neuschwanstein hat mit den anderen Musical-Angeboten in Deutschland herzlich wenig gemein. Alle Großproduktionen haben ein anglo-amerikanisches oder zumindest musikalisch so geprägtes Stück zum Inhalt. Auch Elisabeth und Mozart, die in Bezug auf ihren Stoff am ehesten mit Ludwig II. verglichen werden könnten, sind im gewohnten Pop-Stil der Musicals der achtziger Jahre verfasst. Stephan Barbarino, Franz Hummel und Heinz Hauser, die Schöpfer des Bühnenwerkes über den Märchenkönig, erzählen ihre Geschichte jedoch mit einem zeitlosen klassisch-romantischen Gestus, der wunderbar zu dem außergewöhnlichen Standort des Theaters am Fuße der Alpen gegenüber Schloss Neuschwanstein passt.