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Vom Stellenwert des Laienmusizierens in der Gesellschaft

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Verbände im Wandel: Stirbt die Laienmusik aus?
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Acht Millionen Haus-Musikanten, Jugendorchester, Laienchöre oder Hobby-Volksmusiker gibt es in Deutschland. Belächelt vom hehren Feuilleton, vernachlässigt von der offiziellen Kulturpolitik bilden sie die Grundsubstanz unseres Musiklebens. „taktlos“, das Radiomagazin der neuen musikzeitung und des Bayerischen Rundfunks nahm am 2. Februar 2001 um 20.05 Uhr in Bayern2Radio Kontakt auf (www.nmz. de/taktlos). Einer der Gäste war Stefan Liebing, Vorsitzender des Lenkungsausschusses der Bundesvereinigung Deutscher Blas- und Volksmusikverbände e.V. und des Blasmusikverbandes Baden-Württemberg. Als Betriebswirt und Unternehmensberater hat er zahlreiche Einrichtungen aus dem Non-Profit-Bereich beraten und auch für die genannten Verbände ein Gutachten erstellt. Seit Anfang 2000 ist Liebing für den hauptamtlichen Verbandsbereich verantwortlich. Für die nmz schreibt er über den Strukturwandel im Verbandswesen.

Acht Millionen Haus-Musikanten, Jugendorchester, Laienchöre oder Hobby-Volksmusiker gibt es in Deutschland. Belächelt vom hehren Feuilleton, vernachlässigt von der offiziellen Kulturpolitik bilden sie die Grundsubstanz unseres Musiklebens. „taktlos“, das Radiomagazin der neuen musikzeitung und des Bayerischen Rundfunks nahm am 2. Februar 2001 um 20.05 Uhr in Bayern2Radio Kontakt auf (www.nmz. de/taktlos). Einer der Gäste war Stefan Liebing, Vorsitzender des Lenkungsausschusses der Bundesvereinigung Deutscher Blas- und Volksmusikverbände e.V. und des Blasmusikverbandes Baden-Württemberg. Als Betriebswirt und Unternehmensberater hat er zahlreiche Einrichtungen aus dem Non-Profit-Bereich beraten und auch für die genannten Verbände ein Gutachten erstellt. Seit Anfang 2000 ist Liebing für den hauptamtlichen Verbandsbereich verantwortlich. Für die nmz schreibt er über den Strukturwandel im Verbandswesen.Wenn der wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsminister eine Krise des Verbandswesens in der Bundesrepublik feststellt, dann meinen die Fachleute vor allem die Struktur der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften. Viele Erkenntnisse lassen sich aber auf die Kulturverbände übertragen. Im Wesentlichen sind auch diese Institutionen nach den Prinzipien des Vereinsrechts organisiert, die im Jahr 1900 in Kraft traten. Die Gesellschaft des Jahres 2000 können sie damit nicht mehr in der Breite erreichen.

Übereinstimmend konstatieren alle Studien deutlich veränderte Ansprüche möglicher ehrenamtlich engagierter Verbands- und Vereinsfunktionäre. Die Shell-Jugendstudie 2000 nennt drei wesentliche Voraussetzungen, unter denen junge Leute bereit sind, sich dort zu betätigen: (1) Das Engagement muss Spaß machen, (2) die Freiwilligen möchten schnell Ergebnisse sehen können und (3) sie wollen ihr Engagement schnell auch wieder beenden können, sich nicht langfristig binden müssen.

Das bedeutet, dass sich die Arbeit in den Vereinen der Laienmusik in den nächsten fünf Jahren grundlegend ändern wird. Ob dieser Prozess generisch zu leisten ist, hängt wesentlich davon ab, wie die Dachverbände es schaffen, dabei wichtige Hilfe- und Serviceleistungen bereitzustellen. Pointiert formuliert: Die funktionierenden Strukturen und der hohe Organisationsgrad der Laienmusik werden die nächsten zehn Jahre nur überleben, wenn die Verbände den Wandel vorantreiben können. Daneben ist diese Frage nicht nur eine strukturell bedeutsame, sie wird auch entscheidend dazu beitragen, dass Verbände sich dauerhaft legitimieren können. Immer stärker erwarten die Mitgliedsvereine von ihren Dachorganisationen, dass sie vor allem Serviceleistungen nach innen und Lobbyarbeit nach außen leisten. Nur so lassen sich auf Dauer auch die Mitgliedsbeiträge rechtfertigen. Musikalische Projekt- und Wettbewerbsarbeit kann daneben nur Ergänzung sein.

Nicht zuletzt deshalb hat die Bundesvereinigung Deutscher Blas- und Volksmusikverbände e.V (BDBV) als mitgliederstärkster Verband im Deutschen Musikrat (11.000 Vereine mit rund 1,3 Mio. Mitgliedern) bereits im Jahr 1999 das Programm „Blasmusik – fit ins neue Jahrtausend“ aufgelegt. Schon seit über einem Jahr sind die Verantwortlichen damit beschäftigt, Erkenntnisse aus dem Programm nun gemeinsam mit hauptamtlichen Mitarbeitern umzusetzen.

Die Befragung von über 1.500 Musikvereinen und Blasorchestern ergab, dass die Mitglieder bei der Tätigkeit ihrer Verbände vor allem Wert auf drei Bereiche legen: (1) Die Darstellung der Interessen von Laienmusikern nach außen, vor allem also Aktivitäten des Lobbying und der Öffentlichkeitsarbeit sowie der Imagepflege, (2) die Beratung auf allen Gebieten des Verbandsmanagements, vor allem die Weiterbildung auf den Gebieten Führung, Pressearbeit, Steuern und Sozialversicherungsrecht und schließlich (3) die Förderung der internen Kommunikation, der Bündelung von Erfahrungen und den Austausch unter den Mitgliedern. Nur mit deutlich geringerem Gewicht bewerteten die Vereinsvorsitzenden Dienstleistungen auf musikalischem Gebiet, die Bereiche Ehrungswesen, Zuschüsse und innere Verwaltung, auf denen die Laienmusikverbände traditionell stark sind. Vor allem die Forderung nach zunehmend qualifizierter Beratung erfordert eine Professionalisierung der Verbandsarbeit, die damit zunehmend auch hauptamtlich organisiert sein muss. Dies erfordert eine neue Abgrenzung zwischen den Aufgaben ehren- und hauptamtlicher Verbandsmitarbeiter. Die Wissenschaft des Non-Profit-Management zieht die Grenze inzwischen eindeutig bei der Umsetzung strategischer Fragestellungen. Die ehrenamtlichen Gremien müssen die Frage beantworten, was und in welche Richtungen ein Verband arbeiten soll, die Entscheidung, wie die Umsetzung zu geschehen hat, muss unbeeinflusst im hauptamtlich-professionellen Bereich liegen. Dies zieht nach sich, dass die Szene sich zwangsläufig über die Konzentration von Ressourcen wird Gedanken machen müssen. Die zersplitterte Verbandsszene wird sich daran gewöhnen müssen, dass sie die geforderte steuerliche, rechtliche und Sozialversicherungsberatung nur dann wird erbringen können, wenn mehrere Verbandsstrukturen auf ein hauptamtliches Kompetenzzentrum zugreifen können. Ob das die Dachverbände der Laienmusik sein können, darüber muss eine Diskussion in Gang kommen. Denkbar wäre auch, unterschiedliche Themenbereiche bei verschiedenen Verbänden in einer Art Netzwerk mehrerer Kompetenzzentren anzusiedeln.

Spätestens das Zusammenrücken von Verbänden wird auch dazu beitragen, dass transparentere Systeme der Kostenrechnung, des Controlling und damit die Basis für einen überverbandlichen Effizienzvergleich durch Benchmarkingwerte geschaffen werden müssen. Die Modernisierung des Verbandsbereichs schließlich ist als erster Schritt schnell umzusetzen. Nur so geraten die Verbände in die Lage, ihre Mitgliedsvereine bei der Modernisierung und Umstrukturierung zu beraten und ihnen dabei zu helfen. Schaffen die Mitgliedsvereine nicht, den neuen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden, so ist mit einem dramatischen Strukturwandel in der Laienmusikszene zu rechnen. Die Bildung von nicht in den Verbänden organisierten Parallelstrukturen ist dann nur noch eine Frage der Zeit – mit allen Problemen für Ausbildungsqualität, Vergleichbarkeit und politische Interessenvertretung. In einem ersten Schritt hat der Blasmusikverband Baden-Württemberg die modulare M-Seminarreihe konzipiert. Seit Jahresbeginn werden in den Veranstaltungen M1 bis M4 systematisch Vereinsvorsitzende geschult und für die Modernisierung fit gemacht.

Eine bedeutsame Rolle spielt auch die Frage der Imagepflege. Der Laien- und besonders der Blasmusik haftet in der Öffentlichkeit noch viel zu häufig das Image eines dilettantischen Herrenclubs an, der das Bierzeltrepertoire pflegt. Dass sich in dieser Szene in den vergangenen Jahren unglaublich viel verändert hat, ist der Öffentlichkeit bislang noch zu wenig aufgefallen. Deshalb wird eine der wich-tigsten Aufgaben der Verbände darin liegen, mit breiten Kampagnen, durch Pressearbeit und Projekte dazu beizutragen, dass die Diskrepanz zwischen Image und Realität kleiner wird und das Sujet Laienmusik auch künftig noch einen großen Stellenwert in der deutschen Gesellschaftspolitik einnimmt. Schließlich sind alleine 60 Prozent der in der Bundesvereinigung organisierten 1,3 Mio. Mitglieder Jugendliche.

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