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Von der Geldsammelstelle zur Kultureinrichtung

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Über die Arbeit der Deutschen Stiftung Musikleben und des Deutschen Musikinstrumentenfonds
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Frau Schulte-Hillen, seit wann sind Sie bei der Deutschen Stiftung Musikleben?

Erst vor wenigen Wochen, Ende Januar, vergab der Deutsche Musikinstrumentenfonds bei seinem achten und bisher größten Wettbewerb zehn Geigen, vier Bratschen und sechs Celli an hoch begabte junge Streicher. Der Fonds ist Teil der Deutschen Stiftung Musikleben und wurde 1993 von Irene Schulte-Hillen mitbegründet. Theo Geißler, Chefredakteur der neuen musikzeitung, unterhielt sich mit der Chefin der Deutschen Stiftung Musikleben über Wettbewerb und Stiftung. nmz: Frau Schulte-Hillen, seit wann sind Sie bei der Deutschen Stiftung Musikleben? Schulte-Hillen: Dazu gestoßen bin ich 1987. Das war der Zeitpunkt, als der ehemalige Vorsitzende der Stiftung, Eduard Söring, an Helmut Schmidt herantrat und der wiederum bei Bertelsmann um eine Spende bat. Die Spende wurde bewilligt, worauf die Stiftung sozusagen im Gegenzug einen Platz in ihrem Kuratorium anbot, sicher auch, um damit den Spender für eine Zeit an sich zu binden. Der Vorstand von Bertelsmann benannte mich fürs Kuratorium und seitdem mache ich mit. Ich habe Herrn Söring noch zweimal getroffen, dann verstarb er leider. Das waren sehr eindrucksvolle Begegnungen für mich, denn dieser alte Mann war vollkommen durchdrungen von dem Wunsch, die Stiftung über die Jahre zu retten. Eduard Söring ist es ja wohl gelungen, die deutsche Industrie und Finanzwirtschaft hinter der Musik, hinter Kunst und Kultur zu sammeln.

Schulte-Hillen: Richtig, gegründet wurde die Stiftung 1962 von begeisterten Kaufleuten, in Hamburg namentlich vom Musikverleger Hans Sikorski und dem Kaufmann Wolfgang Essen. Zusammen mit bedeutenden Persönlichkeiten aus der Wirtschaft machten sie es sich zur Aufgabe, jedes Jahr einen bestimmten Betrag zu sammeln. Der wurde dann dem Deutschen Musikrat übergeben mit der Bitte, etwas Sinnvolles im Sinne der Ziele der Stiftung damit anzustellen. Hintergrund war, dass man sich zu dieser Zeit Sorgen um den Nachwuchs in den Sinfonieorchestern machte, insbesondere was Bratsche und Kontrabass betraf.

Was waren Ihre Schwerpunkte?

Schulte-Hillen: Als eigene Initiative habe ich zusammen mit Heike Siebel, bis heute Programmleiterin der Stiftung, zunächst Kammermusik-Konzerte der Preisträger organisiert, zu denen wir die Spender einluden. Dann haben wir im Schloss Weißenstein, Pommersfelden, ein Wochenende mit Stipendiaten und Spendern ausgerichtet, also zunächst eine Belebung der Stiftung von innen heraus. Bis 1992 war sie eine reine Geldsammelstelle für den Musikrat gewesen und das konnte so nicht weitergehen. Wir haben dann den Deutschen Musikinstrumentenfonds gegründet, weil wir hier großen Bedarf feststellten. Jetzt machen wir an die 30 bis 40 Veranstaltungen pro Jahr, auch der Kreis der von uns persönlich betreuten Stipendiaten hat sich insgesamt stark vergrößert. Nach wie vor arbeiten wir eng mit dem Deutschen Musikrat zusammen, indem wir uns an der Grundfinanzierung konkreter Projekte, des Bundeswettbewerbs “Jugend musiziert“ und des Bundesjugendorchesters beteiligen. Damit all diese Aufgaben bewältigt werden können, arbeiten inzwischen vier Mitarbeiter in der Geschäftsstelle der Stiftung. Bei großen Veranstaltungen verstärken wir uns um zahlreiche ehrenamtliche Helfer. Auch unser sehr aktiver Vorstand, die Kuratoren, Juroren und viele Fachleute arbeiten ehrenamtlich für die Ziele der Stiftung. Mit fördernden Stiftungen gibt es Kooperationen zu bestimmten Projekten, etwa mit der ZEIT oder der Alfried- Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung und insbesondere mit der Dr. Meyer-Struckmann-Stiftung.

Die Gründung des Deutschen Musikinstrumentenfonds Mitte der neunziger Jahre geschah vor einem ganz besonderen historisch-politischen Hintergrund.

Schulte-Hillen: Es war kurios. Wir hörten, dass die Bundesregierung, insbesondere Helmut Kohl, die Idee hatte, einen Fonds öffentlichen Rechts zu gründen. Ein Privatmann wollte seine reiche Instrumentensammlung der Regierung übergeben, aber das zerschlug sich. Dazu kamen Instrumente aus Reichsbesitz und gleichzeitig die Sammlung der ehemaligen DDR, die wie ein Phantom im Raum schwebte. Außerdem hatte die Stiftung selbst einige Instrumente und so haben wir uns bei der Regierung beworben, den Fonds für all diese Instrumente zu übernehmen. Das klappte, wir mussten uns aber gleichzeitig verpflichten, für jedes vom Bund eingebrachte Instrument ein eigenes beizusteuern. Dies ist uns im Lauf der Zeit erstaunlich gut gelungen, so dass in den sieben Jahren über 90 Streichinstrumente zusammengekommen sind.

Wie funktioniert die Vergabe?

Schulte-Hillen: Jedes Jahr beruft der Beirat des Fonds fünf Juroren, die zwei Jahre hintereinander Mitglied der Jury sein dürfen. Man kann sich bewerben, wenn man mindestens einen ersten Preis im Bundeswettbewerb “Jugend musiziert“ (Solo- oder Duo-Wertung) oder einen vergleichbaren internationalen Preis gewonnen hat. Die Jury macht eine Rangliste der zu vergebenden Instrumente (in einer Blindbewertung) und der vorspielenden Musiker (nach einem ähnlichen Punktesystem wie bei „Jugend musiziert“) und ordnet dann die Instrumente den Preisträgern zu. Es gibt einen zweiten Pool nicht so wertvoller, aber sehr guter Instrumente, die wir auf der Basis von Empfehlungen der Bundesjury “Jugend musiziert“ vergeben.

Wie stellen Sie sich die Stellung der Stiftung in Zukunft vor?

Schulte-Hillen: Wir wollen unsere Instrumentensammlung noch weiter ausbauen und mit dem Deutschen Musikrat stärker projektbezogen zusammenarbeiten. Wir haben außerdem ein Programm entwickelt, Höchstbegabte in Zusammenarbeit mit anderen Stiftungen zusätzlich zu fördern.

Wir stehen vor Jahrzehnten der reichen Erben. Man erwartet, dass in den nächsten zwanzig Jahren etwa 400 Billionen Mark zu vererben sind, außerdem soll das Stiftungsrecht verändert werden. Wie kann man reiche Menschen veranlassen, in ihrem Testament auch an die Musikkultur zu denken?

Schulte-Hillen: Da sind wir schon dabei. Das eine oder andere Instrument, das wir als Treugabe haben, werden wir wohl erben. Wir haben auch die Möglichkeit, dass Menschen ihren Namen als Unterstiftung unter dem Dach der Deutschen Stiftung Musikleben über ihren Tod hinaus „verewigen“, was ja durchaus legitim ist. Wir müssen das sehr vorsichtig aufbauen und langfristig denken, dann werden wir auch die Ernte dafür einfahren können.

Und was ist Ihr musikalisches Lieblingsprojekt?

Schulte-Hillen: Von den Projekten liegt mir neben dem „eigenen“ Instrumentenfonds vielleicht das Bundesjugendorchester am meisten am Herzen. Wenn man das Glück hat, die jungen Leute bei einer Arbeitsphase oder im Konzert zu erleben, ist man immer wieder überwältigt, mit welchem Enthusiasmus, aber auch mit welchem Ernst sie bei der Sache sind und wie hoch das Niveau jedes Jahr aufs Neue ist, obwohl immer viele Mitwirkende wechseln. Das ist sicher auch ein Verdienst von Hans Timm, der das Orches-ter zu dem gemacht hat, was es heute ist.

Wünschen Sie sich mehr öffentliche Mittel für das Bundesjugendorchester?

Schulte-Hillen: Eigentlich sollte das der Bundesrepublik eine Ehre sein, das Orchester ist ja eine nationale Visitenkarte.

Gott sei Dank ist es aber so, dass man für diesen Klangkörper private Gelder viel besser akquirieren kann als zum Beispiel für einen Wettbewerb.

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