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Vorgeschlagene Einschnitte bei Kulturförderung wecken Widerstand

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Berlin - Die von einer Autorengruppe geforderte Halbierung der öffentlichen Kulturförderung stößt auf breite Ablehnung. Der Generalsekretär des Deutschen Musikrates, Christian Höppner, warf den Verfassern am Dienstag vor, mit ihrer angemahnten Nachfrageorientierung bei der Vergabe von Geldern eine "Amerikanisierung unseres Kulturlebens" einzufordern. Dies komme dem Aus der kulturellen Vielfalt in Deutschland gleich. Beim Deutschen Museumsbund riefen die Vorschläge Unverständnis hervor, die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien, Monika Grütters, distanzierte sich von ihnen.

Vier Autoren um den Soziologen und Kulturwissenschaftler Dieter Haselbach hatten im "Spiegel" ein Ende der bisherigen Subventionspraxis angeregt. Sie schlugen vor, die Hälfte der geförderten Kultureinrichtungen zu schließen, da zwar das kulturelle Angebot gewachsen sei, die Zahl der Konsumenten dagegen nicht. Die frei werdenden Mittel sollten ihrer Ansicht nach umverteilt werden, unter anderem für eine stärkere Förderung der Laienkultur und der Hochschulen für Kunst, Musik und Design.

 

Höppner sieht in diesem Kurs den Grundsatz "Kultur für alle" in Gefahr. Dieser sei aber ein zwingendes Ziel für eine Gesellschaft, die sich auf dem Weg zu einer Wissens- und Kreativgesellschaft befinde, betonte er. "Ohne die Chance auf kreative Freiräume und die Möglichkeit für den Einzelnen, sich künstlerisch auszudrücken und mitzuteilen, wird das Zusammenleben in unserer Gesellschaft nicht funktionieren."

Ähnlich äußerte sich Grütters im Deutschlandradio Kultur. Die Verfasser des Artikels seien der Auffassung, dass ein Kulturprodukt dann gut sei, wenn es am Markt angekommen sei, kritisierte die CDU-Politikerin. Die Kulturförderung in Deutschland denke allerdings genau umgekehrt und folge dem Prinzip des "Nonkonformismus in bestem Sinne".

Der Deutsche Museumsbund bezeichnete die im "Spiegel" erschienenen Thesen als "gefährliche Gedankenspiele", die leicht missbraucht werden könnten. "Provokationen helfen uns nicht weiter, sondern gefährden leichtfertig die engagierte Arbeit der Museen und Kultureinrichtungen", sagte der Präsident des Bundes, Volker Rodekamp. Gefragt seien vielmehr "konstruktive Ideen und Konzepte, nicht vereinfachende Thesen".

Der kultur- und medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Siegmund Ehrmann, mahnte eine Neudefinierung der Ziele der Kulturförderung an. Er teilte zwar mit den Autoren die Ansicht, dass die Ziele der öffentlichen Kulturförderung geschärft werden müssten. Ihre Schlussfolgerung - die "pauschale Halbierung der Mittel" - hielt er jedoch ebenso wie Rodekamp für "plan- und konzeptlos" sowie kontraproduktiv. Er mahnte stattdessen eine breite Debatte über die Vergabepraxis an.

s. auch Experten: Die Hälfte der geförderten Kultureinrichtungen schließen