„Wir werden auch in der Zukunft die Vielfalt des Engagements der Bürgerinnen und Bürger in Vereinen ... nach Kräften unterstützen”, heißt es in der Koalitionsvereinbarung von Rot-Grün. Dieses Versprechen der neuen, alten Bundesregierung war nicht ganz einen Tag alt, als es vom Bundesfinanzminister einkassiert wurde.
„Wir werden auch in der Zukunft die Vielfalt des Engagements der Bürgerinnen und Bürger in Vereinen ... nach Kräften unterstützen”, heißt es in der Koalitionsvereinbarung von Rot-Grün. Dieses Versprechen der neuen, alten Bundesregierung war nicht ganz einen Tag alt, als es vom Bundesfinanzminister einkassiert wurde. Der Finanzminister plant, den Spendenabzug für Unternehmen nach § 9 KStG zu streichen. Das betrifft alle mildtätigen, kirchlichen, religiösen, wissenschaftlichen und als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke, also alle gemeinnützigen Kulturförderzwecke. In der langen Streichliste von Hans Eichel heißt es dazu lapidar: „Spendenabzug streichen (§ 9 Abs. 1, 2 KStG)”. Ein Donnerschlag – kein Unternehmen soll in der Zukunft noch einen einzigen Euro steuerlich geltend machen können, wenn es einem gemeinnützigen Zweck eine Spende zukommen lässt. Die Auswirkungen auf den Kulturbereich sind schwer abschätzbar. Das Maecenata-Institut in Berlin schätzt die jährlichen Spenden aus der Wirtschaft für gemeinnützige Zwecke auf zirka 600 Millionen Euro.Der Anteil, der von dieser Summe auf den Kulturbereich entfällt, kann nicht genau beziffert werden. Sicher aber scheint, dass er höher als ein Drittel dieser Summe ist. Gerade in den letzten Jahren sind die Spenden aus der Wirtschaft zu einem unverzichtbaren Teil der Finanzierung von Kultureinrichtungen geworden. Jahrelang hat die öffentliche Hand ihre Förderung zurückgeschraubt und hat Gehaltssteigerungen der in den Kultureinrichtungen beschäftigten Mitarbeiter nicht durch höhere Zuweisungen aufgefangen.
Oftmals reichen die öffentlichen Förderungen nur noch um die Einrichtung am Leben zu halten, aber sie genügt nicht mehr, um künstlerische Vorhaben umzusetzen. Die Finanzierungslücke wird immer öfter durch Spenden von Bürgern und Unternehmen geschlossen. Joachim-Felix Leonhard, Generalsekretär des Goethe-Institutes Inter Nationes rechnet dem Finanzminister vor, dass zwei Drittel der Spendeneinnahmen seines Institutes von Unternehmen stammen. Dieses Verhältnis von Privatspenden zu Unternehmensspenden dürfte im Kulturbereich die Regel sein. Deshalb würde der geplante Wegfall der Spendenabzugsmöglichkeit für Unternehmen den Kulturbereich auch besonders hart treffen. Und die Signale aus der Wirtschaft auf den drohenden Wegfall der Spendenabzugsfähigkeit sind eindeutig. Das Spendenverhalten der Unternehmen, so die eindeutigen Hinweise, würde sich radikal verändern. Bernhard Freiherr von Loeffelholz, ehemaliges Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, warnte eindringlich vor den Gefahren, die der Wegfall der Spendenabzugsmöglichkeit für Unternehmen mit sich bringen würde. Als Mitgründer der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker warnte er nach einem Auftritt von Stipendiaten der Orchesterakademie am 17. Oktober diesen Jahres in Berlin, dass, sollte der Finanzminister sich durchsetzten, die Orchesterakademie als eine der herausragenden Einrichtungen der musikalischen Hochbegabtenförderung nicht mehr weiter existieren wird. Die Orchesterakademie wird durch Spenden aus der Wirtschaft finanziert.
Der Finanzminister hofft, durch die Streichung der Spendenabzugsmöglichkeit im nächsten Jahr 151 Millionen Euro mehr in der Kasse zu haben. Dieser Betrag ist im Lichte des Gesamtspendenaufkommens aus der Wirtschaft von zirka 600 Millionen Euro schon unverständlich hoch. Der Einsparungsbetrag soll sich dann bis zum Jahr 2006 auf 281 Millionen Euro fast verdoppeln. Der Finanzminister geht also davon aus, dass sich das Spendenaufkommen aus der Wirtschaft von heute zirka 600 Millionen Euro in drei Jahren auf fast 1,2 Milliarden Euro erhöht. Diese Steigerung der Spenden aus der Wirtschaft wäre, selbst wenn die Spendenabzugsfähigkeit nicht wegfallen würde, absolut utopisch, unter den vom Finanzministerium geplanten Neuregelungen ist diese Rechnung einfach schlicht unseriös.
Die Perversität der geplanten Maßnahmen wird auch dadurch deutlich, dass Unternehmen, die in der Zukunft Geld verschenken, keine steuerlichen Entlastungen mehr haben sollen. Verlangen die Unternehmen für ihre Gaben aber eine Gegenleistung, betreiben sie also Sponsoring, können sie ihren Sponsoringbetrag weiterhin als Betriebsausgabe absetzen. Mäzenatentum nein – Sponsoring ja, lautet die Devise des Finanzministers. Und diese Devise widerspricht der Politik der Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode. Das Stiftungsrecht wurde gerade deshalb in der letzten Legislaturperiode reformiert, damit Bürger und Unternehmen noch stärker als bisher, freiwillig und ohne Gegenleistungen zu verlangen, Gutes für die Allgemeinheit tun können. Zu dem selben Zweck wurde im Deutschen Bundestag eine Enquete-Kommission eingerichtet, die sich drei Jahre lang Gedanken über die Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements gemacht hat. Ihren Vorschlägen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Bürgerschaftliches Engagement gerade auch im steuerlichen Bereich, wurden von der Regierungskoalition im Deutschen Bundestag zugestimmt.
Die Bundesregierung hat in den letzten vier Jahren eine gute Politik für das Bürgerschaftliche Engagement gemacht. Stiftungsrechtsreform und die Erhöhung und Ausweitung der Übungsleiterpauschale sind zwei der positiven Reformschritte aus der letzten Legislaturperiode. Die Bundesregierung sollte sich diese erfolgreiche Politik nicht selbst kaputt machen. Herr Schröder, stoppen Sie Herrn Eichel!