Frankfurt am Main - Clubs und Konzertbühnen trifft die Corona-Krise besonders hart. Sie gehören zu den Letzten, die wieder aufmachen dürfen. Wie blickt die Szene auf den Sommer? Und welche Besonderheiten lassen sich manche Betreiber einfallen?
Geschlossene Clubs, leere Tanzflächen, verwaiste Konzertbühnen. Wo die Leute normalerweise dicht gedrängt feiern, herrscht seit über einem Jahr völliger Stillstand. «Die Stimmung ist schlecht, am schlimmsten ist die fehlende Perspektive: Natürlich blicken wir auf den Sommer und sinkende Inzidenzen, aber es ist gar nicht klar, was wann stattfinden kann», sagt Victor Oswalt von der Initiative «Clubs am Main», die die Interessen von etwa 30 Clubs in Frankfurt und Umgebung vertritt.
Von der Politik wünscht er sich vor allem mehr Flexibilität und Unterstützung: Außenbereiche müssten abends länger geöffnet sein. «Wir brauchen Flächen, wo bis zwei, drei Uhr eine Musikbeschallung möglich ist», sagt er. Und: «Die Leute haben das Bedürfnis zu feiern. Wenn wir keine Angebote schaffen, drängen wir sie in illegale Bereiche oder es kommt zu Szenen wie im letzten Jahr auf dem Frankfurter Opernplatz.»
Angesichts geschlossener Clubs und Diskotheken hatte sich der Opernplatz vergangen Sommer zu einer Partyzone unter freiem Himmel entwickelt. Es kam auch zu heftigen Krawallen, bei denen in einer Juli-Nacht Polizeibeamte und ihre Fahrzeuge angegriffen wurden.
Manch ein Club lässt sich in der Not etwas Besonderes einfallen: «Das Bett», ein Live-Musik-Club in Frankfurt, bietet neuerdings die #BleibimBett-Rooftop-Sessions von der eigenen Dachterrasse. «Wir steigen mit unseren Bands aufs Dach und präsentieren euch jeden Mittwoch energetische Tanzmusik vor der Skyline Frankfurts», so die Veranstalter. Wer virtuell dabei sein will, kann sich ein Streaming-Ticket für zehn Euro kaufen und aus dem eigenen Bett oder von wo auch immer zuschauen.
Ralf Scheffler, der seit über 40 Jahren die Frankfurter «Batschkapp» betreibt, ist angesichts des mehr als einjährigen Stillstands etwas ratlos. «Ich habe mir abgewöhnt, einen Hoffnungsschimmer zu haben», sagt er trocken. «Die Politik ist immer wieder für Überraschungen gut. Und macht lustige Dinge, die wir weniger lustig finden.»
Die «Batschkapp» könne noch ein bisschen durchhalten: «Wir werden dieses Jahr auch noch überstehen, selbst wenn gar nichts mehr passiert. Danach wird es allerdings eng. Nicht nur finanziell, sondern weil ich mich auch fragen würde: Was soll das Ganze?», sagt Scheffler. Wie schon im letzten Corona-Sommer soll es auch in diesem Jahr vor der «Batschkapp» wieder einen Sommergarten mit Bühne und Ausschank geben - sofern dieser genehmigt wird.
Der Wiesbadener «Schlachthof» veranstaltet derweil auf seinem Gelände «Picknick-Konzerte». «Wir bringen die Bands, ihr bringt eure Decken», heißt es dort. Im August sollen nach coronakonformen Regeln unter anderem Faber, Thees Uhlmann oder Bosse auftreten. «Wir freuen uns und sind guter Dinge, dass wir die Shows durchführen können», sagt «Schlachthof»-Sprecher Hendrik Seipel-Rotter.
Oswalt verweist aber auch auf Clubs, die keinen eigenen Außenbereich haben. Auch sie müssten entsprechende Möglichkeiten bekommen. Da seien dann auch die Städte und Kommunen gefragt.
In einem anderen Teil Europas ist man schon einen großen Schritt weiter. So hat manch ein Clubbetreiber zuletzt sicher neidisch nach Liverpool geblickt: Dort tanzten am ersten Mai-Wochenende Tausende Menschen indoor zu wummernden Bässen und blinkenden Scheinwerfern. Die Besucher, die vor und wenige Tage nach dem Event auf Corona getestet wurden, sind Teil eines Pilotprojekts, mit dem erforscht werden soll, wie Großveranstaltungen in Zeiten der abflauenden Pandemie wieder stattfinden können.
«Wir schauen mit großem Interesse auf solche Projekte und wünschen, dass wir auch bald Vergleichbares durchführen können», sagt Oswalt. «Wir sind auf jeden Fall bereit.»