Die geplante Abschaffung des eigenen Portfolios für Kultur und Bildung in der Europäischen Kommission ist aus Sicht des Deutschen Bühnenvereins ein schlechtes Signal für Europa. Der Europäischen Kommission soll nach den Plänen der gewählten Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, kein/e Kommissar*in explizit für den Bereich Kultur und Bildung angehören. Sollte das Europaparlament dem vorgeschlagenen Personaltableau zustimmen, wird die Zuständigkeit für die Kulturpolitik der EU bei Mariya Gabriel liegen, der designierten Kommissarin für „Innovation und Jugend“.
Für Marc Grandmontagne, den Geschäftsführenden Direktor des Deutschen Bühnenvereins, geht es dabei nicht nur um eine einfache Verschiebung der Ressortverantwortlichkeiten. Er befürchtet, die Entscheidung könne ein Zeichen für den Stellenwert sein, den die neue Kommissionspräsidentin der Kultur zurechnet: „Erstmals seit 1999 soll es keinen Kommissionsposten für Kultur und Bildung geben“, so Grandmontagne. „Es ist zwar völlig klar, dass die explizite Kulturförderkompetenz bei den Mitgliedstaaten liegt und nicht in Brüssel. Der Verzicht auf den Begriff „Kultur“ verstärkt aber die Marginalisierung des gesamten Politikfeldes, denn Kulturpolitik ist mehr als ein finanzielles Förderprogramm. Klare Bezeichnungen bedeuten klare Verpflichtungen.“ Gerade in Zeiten, in denen Europa als gemeinschaftliche Idee auf dem Spiel steht, bestehe kein Zweifel daran, dass die Einbeziehung kultureller und kulturpolitischer Fragestellungen auf höchster Ebene notwendig sei. Ob die Behandlung dieser Inhalte unter der Überschrift „Jugend und Innovation“ erfolgreich sein kann, bleibe abzuwarten.
Der Deutsche Bühnenverein ist Mitglied bei Pearle* – Live Performance Europe, der europäischen Vereinigung der Theaterverbände. In Brüssel setzt sich Pearle* bei den europäischen Institutionen für die Performing Arts ein und vertritt die Mitgliedsinteressen in den entsprechenden Gremien. Dabei geht es nicht nur um die Verteilung der EU-Förderung, sondern auch um die Mitarbeit an neuen Regularien und Gesetzesvorhaben, die alle Kulturschaffenden in Europa betreffen. Für diese Themen ist es wichtig, dass es in der neuen Kommission eine/n Ansprechpartner*in gibt.
„Wir fordern von Kommissionspräsidentin von der Leyen Klarheit über den Stellenwert der Kultur in der neuen EU-Kommission“, so Marc Grandmontagne. „Kultur ist ein Bestandteil der Europäischen Wertegemeinschaft, die sich ständig weiterentwickeln wird und neue, gemeinsame Wege finden darf. Stattdessen ein Ressort „Protecting our European Way of Life“ einzuführen, ist nicht zukunftsgerichtet, sondern rückwärtsgewandt.“ Die Einrichtung des Portfolios „Kultur und Bildung“ durch den damaligen Kommissionspräsidenten Romano Prodi im Jahr 1999 machte deutlich, dass Kultur zu den Kernaufgaben der Europäischen Politik gehört. Ein Anspruch, an den Organisationen wie Pearle* immer wieder erinnern mussten, wenn in den letzten Jahren Kulturpolitik zunehmend als Standortfrage oder nur aus Marketinggesichtspunkten betrachtet wurde. Für diese Bemühungen bedeutet die Abschaffung des Portfolios einen Rückschlag.