Den Anfang machte „Così fan tutte“, ein Opernprojekt mit syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen, das im Oktober 2014 in Stuttgart erfolgreich uraufgeführt wurde. Mit „Zaide. Eine Flucht“, gezeigt Mitte Januar in der alten Kongresshalle München ist das Fortsetzungsprojekt erfolgreich an den Start gegangen. Eine Gruppe von Studenten des Departments Kunstwissenschaften der Ludwig Maximilians-Universität München hatte unter der künstlerischen Leitung von Dana Pflüger und Mezzosopranistin Cornelia Lanz eine Münchner Fassung der Mozart-Oper mit Geflüchteten in der Alten Kongresshalle der Landeshauptstadt organisiert.
„Zaide. Eine Flucht“ wurde in enger Zusammenarbeit mit geflüchteten Künstlern aus Afghanistan, dem Iran, Irak, Nigeria, Pakistan und Syrien realisiert. Träger ist das Deutsche Forum für Musik-und Theaterkultur e.V., vertreten durch den Geiger Albert Ginthör, Orchestermitglied des Staatstheaters am Gärtnerplatz. Das Zaide-Orchester nennt sich „Ensemble Zuflucht“ und besteht aus Musikern der Münchner Philharmoniker, des Bayerischen Staatsorchesters, des Orchesters des Staatstheaters am Gärtnerplatz, der Augsburger Philharmoniker, des Theaters Ulm und der Staatsoper Stuttgart.
Die Inszenierung, die die Flucht vor Krieg und Gewalt sowie die Isolation und Irritation in der Fremde aus vielen Perspektiven reflektiert, will laut den Initiatoren „ein ausdrucksvolles und bewegendes künstlerisches Zeichen für ein friedliches Miteinander setzen und Mut machen für das interkulturelle Miteinander“. Jetzt ist das Musikprojekt zum Thema Flucht in doppeltem Sinne hochaktuell geworden. Einer der Hauptdarsteller, Ahmad Shakib Pouya, der in Zaide die Rolle des Gomatz spielt, musste Ende Januar seine „freiwillige“ Rückreise nach Afghanistan antreten, um seiner Abschiebung zuvorzukommen.
Pouya lebt seit mehr als sechs Jahren in Deutschland, engagiert sich ehrenamtlich, arbeitet und musiziert hier. Durch Auftritte im Rahmen von Zaide im Schloss Bellevue bei Bundespräsident Joachim Gauck sowie im deutschen Fernsehen bei Markus Lanz erlangte Pouya bundesweit Bekanntheit. Der Geiger Albert Ginthör hatte seinen Musikerkollegen aus künstlerischer Solidarität und persönlicher Betroffenheit nach Kabul begleitet. Der ursprüngliche Plan Ginthörs, Pouya bei seinem Antrag auf Wiedereinreise nach Deutschland vor Ort zu unterstützen, erwies sich jedoch als schwierig und auch für ihn persönlich gefährlich. Inzwischen ist er wieder zurück in seinem „sicheren Herkunftsland“ Deutschland.
Als Teilerfolg kann man sehen, dass beide Musiker in der Kulturabteilung der Deutschen Botschaft in Kabul empfangen wurden und dort nach Angaben von Zuflucht Kultur e.V., „ein offenes Ohr für ihr Anliegen“ fanden. Auch der deutsche Botschafter Walter Haßmann in Kabul zeigte sich über Pouyas Fall informiert und vermittelte ihm kurzfristig einen Sondertermin in der Visa-Abteilung. Dort stellt Pouya einen Antrag auf Wiedereinreise und muss, eine erfolgreiche Rückkehr nach Deutschland vorausgesetzt, hier erneut einen Antrag auf Asyl stellen. Ob sein Antrag Erfolg hat und wie lange er in seinem für ihn so gefährlichen Herkunftsland bleiben muss, steht in den Sternen. Dabei wird er in Deutschland durchaus gebraucht: etwa in der Flüchtlingsberatung der IG Metall in Frankfurt, aber auch als Künstler und Mitglied von Zuflucht Kultur in den anstehenden weiteren Zaide-Aufführungen und, hoffentlich, im Staatstheater am Gärtnerplatz. Dort möchte ihn den Angaben von Zuflucht Kultur e.V. zufolge Intendant Josef E. Köpplinger ins Engagement bringen.