„Kammermusik neu erleben“, so das Motto des 2000 gegründeten und in Hamburg ansässigen Vereins „kammermusik heute e.V.“. Allerdings gibt es keine festen Mitgliederbeiträge, sondern jedes Mitglied unterstützt nach seinen Interessen und finanziellen Möglichkeiten – und zwar ganz gezielte Projekte, Auftragskompositionen, Uraufführungen, einzelne Konzerte.
Doch was verbirgt sich hinter dem Anspruch, Kammermusik neu erleben zu können? Kann man Beethovens Streichqartetten zukünftig in einer Konzert-Event-Halle mit angeschlossenem Tiefseeaquarium lauschen – in Anlehnung an entsprechende Pläne der Hamburger Kultursenatorin Dana Horáková? Nein, keineswegs! Hier sollen keine Events der Spaßkultur huldigen, und dennoch wird Neues versprochen. Neu sind zum einen die gespielten Werke. In jedem Konzert wird eine Uraufführung zu Gehör gebracht, ein Auftragswerk des Vereins erarbeitet. Umrahmt werden diese neuen Klänge von Werken bekannter, aber auch unbekannterer Komponisten der Klassik und Romantik. Neu ist aber noch ein weiterer Aspekt: Durch die Vergabe von Auftragskompositionen wird nicht nur die zeitgenössische Literatur für Kammerensembles erweitert und aufgeführt, das Publikum erhält zudem ausführliche Informationen zu einzelnen Komponisten und ihren Werken. Es gibt Einführungen durch den Komponisten, Interviews mit ihnen sind im Informationsblatt „Impulse“ sowie im Internet (www.kammermusik-heute. de) zu lesen, interessierte Hörer bekommen die Möglichkeit, die Probenarbeit mitzuerleben, Raum für Gespräche mit den Mitwirkenden nach den Konzerten ist gegeben. Das „Ensemble in Residence“ des Vereins ist das „ensemble acht“, Streicher und Bläser aus verschiedenen deutschen Orchestern. Konzerte mit weiteren Ensembles sind geplant. Der Verein „kammermusik heute e.V.“ ist ein seltenes Projekt, das sich nicht nur um zeitgenössische Musik, sondern genauso intensiv darum bemüht, diese Musik gerade auch denjenigen Hörern zu vermittlen, die ansonsten eher dem klassisch-romantischen Konzertrepertoire zugeneigt sind. Pläne für die Zukunft gibt es reichlich: Eine feste Spielstätte wird seit einiger Zeit gesucht. Auch sind kleine Festivals angedacht, um Komponisten besser featuren zu können. Ob das in Hamburg möglich sein wird?
Denn die Organisatoren von „kammermusik heute e.V.“ sind unermüdliche Idealisten. Finanzielle Unterstützung wurde ihnen von der Stadt Hamburg nie in größerem Maße zuteil. Seit 2003 müssen sie ganz ohne öffentliche Förderung auskommen – in Hamburg scheinen Qualität, Kreativität und Vielfalt zurzeit für die Kulturpolitik von geringem Interesse zu sein (was auch zahlreiche weitere – freie – Musikensembles und Festivals zu spüren bekommen haben, wie etwa das international bekannte Real Time Music Meeting www.real-time-music.de
Wäre da nicht eine engagierte Mäzenin aus der Wirtschaft: Brigitte Feldtmann, die unter anderem immer wieder auch den Verein „kammermusik heute e.V.“ finanziell unterstützt und so die Kompositionsaufträge sichert. Doch weitere Sponsoren zu finden, ist extrem schwer. Aber der Verein ist flexibel und sucht nach immer neuen Möglichkeiten. So sollen in Zukunft mit einem festgelegten Programm gezielt Firmen (etwa derselben Nationenzugehörigkeit wie der geförderte Komponist) angesprochen werden. Zu hoffen bleibt, dass Sponsoring in Zukunft nicht nur bei reichweitenstarken und eventträchtigen Veranstaltungen zu erwarten ist, sondern dass im Zuge allgemeiner Finanznot die Bedeutung kultureller Vielfalt und Bildung nicht vergessen wird.