Berlin - Als Ersatz für den wegen des Coronavirus abgesagten Eurovision Song Contest (ESC) planen sowohl der Veranstalter EBU als auch Stefan Raab einen Ersatz: «Europe Shine a Light» in der ARD und «Free European Song Contest» bei ProSieben. Die beiden Shows sollen jeweils am Abend des 16. Mai ausgestrahlt werden, an dem auch das 65. ESC-Finale stattgefunden hätte.
Die EBU-Show mit dem Titel «Europe Shine a Light» soll um 21 Uhr in ganz Europa ausgestrahlt werden, teilte die Europäische Rundfunkunion (EBU) am Dienstag mit. Das Erste sendet in Deutschland. Der «Free European Song Contest» bei ProSieben soll schon um 20.15 Uhr beginnen.
Die Show der EBU soll ohne Live-Publikum gemacht und von den niederländischen TV-Sendern produziert werden, die auch für die abgesagte Live-Show in Rotterdam verantwortlich gewesen wären.
«Es wird eine Show im Geist von Einheit und Zusammengehörigkeit», sagte Jon Ola Sand, Leiter des Eurovision Song Contests. Er rief alle an dem Wettbewerb beteiligten Länder dazu auf, die Show auszustrahlen. Die Organisatoren betonen, dass diese alternative Sendung auch ausführlich auf die Corona-Krise eingehen solle.
Die 41 Sänger - 40 aus Europa und einer aus Australien - die eigentlich in der Hafenstadt auftreten sollten, sollen in der alternativen TV-Show gemeinsam einen früheren Songfestival-Hit singen - allerdings jeder in seinem eigenen Land. Außerdem werde ein Fragment ihres ursprünglichen Beitrages für den Wettbewerb gezeigt.
Die TV-Show wird nach Angaben der EBU von den drei niederländischen Moderatoren präsentiert, die auch durch die Live-Show hätten führen sollen.
ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber sagte dem Medienmagazin «DWDL»: «Unter dem Sendekonzept «Europe Shine a Light» «wollen sich hoffentlich 40 europäische Länder und Australien am 16. Mai ab 21 Uhr versammeln». Das werde kein Eurovision Song Contest mit Voting, aber es solle Europa an diesem Abend zusammenbringen, es solle die Fans nicht alleine lassen und den Künstlern eine Plattform geben.
Ein Special gibt es außerdem für deutsche ESC-Anhänger: In der Sendung «Countdown - nicht von der Reeperbahn» um 20.15 Uhr am 16. Mai im Ersten soll Ben Dolic, der der deutsche ESC-Kandidat gewesen wäre, mit seinem Song «Violent Thing» gefeiert werden.
Der neue, freie europäische Songwettbewerb von ProSieben soll in Köln unter allen «aktuellen gesetzlichen Auflagen und (...) Vorgaben der Gesundheitsbehörden» stattfinden. Stefan Raab will die Show produzieren, wie der Sender am Dienstag mitteilte. ProSieben stellte auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur klar, dass diese Aktion kein Aprilscherz sei. Der Sender zitierte Raab mit den Worten: «Musik verbindet besonders in schwierigen Zeiten viele Menschen miteinander. Dies ist die Geburtsstunde eines neuen, freien europäischen Songwettbewerbs.»
Seit den 90er Jahren hat der heute 53 Jahre alte Raab, der sich eigentlich im selbstgewählten TV-Ruhestand befindet, den ESC immer wieder aufgerollt und Schützlinge an den Start gebracht, die sich deutlich besser platzierten als sonst. Mit Lena Meyer-Landrut gelang Raab 2010 sogar der große Wurf: Der Hit «Satellite» holte den Sieg nach Deutschland.
ProSieben-Chef Daniel Rosemann sprach nun von einer «großartigen Möglichkeit, Europa in diesen Zeiten mit einem neuen Musikwettbewerb zu leben und zu feiern». Details wollen die Organisatoren in Kürze präsentieren. Der Hashtag zur Show lautet #FreeESC.
Am 18. März hatte die Europäische Rundfunkunion EBU bekanntgegeben, dass der ESC wegen des Coronavirus erstmals seit 1956 ausfällt. Der Wettbewerb war in Rotterdam geplant, weil 2019 die Niederlande gewonnen hatten.
Thomas Schreiber von der ARD erläuterte im «DWDL»-Interview: «Am Tag nach der Absage habe ich ein Alternativ-Konzept für einen Eurovision Song Contest 2020 an die EBU und die holländischen Kollegen geschickt, übrigens im Namen von Stefan Raab und mir. Nach diesem Konzept hätten 41 Länder teilgenommen. Es hätte eine, allen Regeln der Gesundheitsvorsorge entsprechende, verbindende Moderation gegeben, aber jedes Land hätte seinen Akt selbst auf eine Bühne bringen können.» Hauptsache hätte der Live-Gesang sein sollen. «Jeder setzt es so sympathisch um wie möglich und die teuerste Lösung muss nicht die sympathischste sein.» Dafür habe es in Europa aber keine Mehrheit gegeben, bedauerte Schreiber. «Die holländischen Kollegen haben parallel auch an einem Konzept gearbeitet und das wird jetzt umgesetzt.»