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DMR: Öffentlich rechtlicher Rundfunk muss Gemeinwohl dienen

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100 Jahre Radio in Deutschland: Von der Funk-Stunde zum Podcast

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1923 läuteten Radiomacher im Herzen von Berlin das Hörfunk-Zeitalter ein. Zum ersten Mal gab es ein festes Programm. Heute ist das Radio lebendiger denn je. Gerade weil es nicht mehr auf feste Zeiten setzt.

Berlin (dpa) - Das Radio wird in Deutschland 100 Jahre alt. Am 29. Oktober 1923, einem Montagabend um 20.00 Uhr, nahm die «Funk-Stunde Berlin» im Voxhaus am Potsdamer Platz ihren Betrieb auf. Damit gab es erstmals in Deutschland ein regelmäßiges Hörfunkprogramm. «Achtung, Achtung. Hier ist die Sendestelle Berlin im Voxhaus auf Welle 400 Meter. Meine Damen und Herren, wir machen Ihnen davon Mitteilung, dass am heutigen Tage der Unterhaltungsrundfunkdienst mit Verbreitung von Musikvorführungen auf drahtlos telefonischem Wege beginnt.» Ein melancholisches Cello-Solo mit Klavier von Fritz Kreisler folgte.

Wie viele Menschen diese ersten Worte der «Funk-Stunde» hörten, wird sich vermutlich nie genau feststellen lassen. Schätzungen gehen von 250 Empfängern aus. Jeder Besitzer eines Radios musste damals eine Lizenz erwerben, um legal ein Empfangsgerät aufstellen zu dürfen.

«Und diese Genehmigung war mit einer Gebühr verbunden», erläutert der Medienhistoriker Hans-Ulrich Wagner vom Leibniz-Institut für Medienforschung in Hamburg. Die Gebühr betrug im Oktober 1923 übrigens astronomische 350 Milliarden Reichsmark. Aber: «Wir reden von der Zeit der Hyperinflation, und diese Milliardenbeträge sind ja Fantasiezahlen. Ein Sack Kartoffeln kostete damals 90 Milliarden.»

War am Anfang schon alles da, was Radio bis heute ausmacht? «Ja und nein», sagt Forscher Wagner. «Es gab sehr rasch ein vielseitiges Programmangebot. Die erste Sendung kam mit dieser Ankündigung und der Musik etwas betulich daher. Aber es blieb nicht bei der Musikunterhaltung. Viele Formen, die wir kennen im Wort- und Musikprogramm: Zielgruppen-Programme, Reportagen, Vorträge, Lesungen, Hörspiele - das alles kam ab 1924.»

Alles war neu, alles wurde zum ersten Mal gemacht. Bis zur Einführung des Internets in den später 1990er Jahren dürfte das Radio die größte Medien-Revolution der Moderne gewesen sein. «Das Radio entwickelte sich schnell zum absoluten Renner» berichtet Roland Stehle von der gfu Consumer & Home Electronics. «Zum Jahresende 1923 waren es immerhin 467 zahlende Hörer. Zum 1. Januar 1925 waren 500 000 Hörer registriert.» Ende 1925 war schon die Millionengrenze überschritten.

Nach Ende der nationalsozialistischen Diktatur und dem Neuanfang der Rundfunksysteme blieb Radio in der Bundesrepublik und der DDR lange das wichtigste Live-Medium. Auch wenn Westsender zu hören, im Osten ein Risiko war. Am 17. Juni 1953 standen die westlichen Reporter vom RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor) inmitten der Straßenschlachten in der DDR. Sie berichteten live über die Demos der Ost-Berliner, über die Niederschlagung des Aufstands mit Panzern.

Auch den deutschen WM-Sieg 1954 haben bis heute Millionen im Ohr: «Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen», ruft Reporter Herbert Zimmermann. «Rahn schießt. - Toooor!» Dieses Bellen im schnarrenden Wochenschau-Ton war damals schon ein Anachronismus. «Zimmermann hatte sein journalistisches Handwerk in NS-Propagandakompanien gelernt. Das heißt, dieser Ton ist eher ein Ton, der in der Tradition der NS-Reportage steht», erläutert Wagner. Das Radio schenkte den Hörern viele ikonische Ton-Momente. Etwa das «Ich bin ein Berliner» von US-Präsident John F. Kennedy oder das «Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten» des DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht.

Und heute? Da steht Radio so stark da wie lange nicht mehr. Der Intendant des Deutschlandradios, Stefan Raue, bringt es auf den Punkt: «Radio und Audio haben eine große Zukunft, weil dieses uralte Medium sehr nahbar und sehr persönlich ist. Die traditionsreichen Radioprogramme sind geschätzte Tagesbegleiter mit vertrauten und mit neugierig machenden Sendungen, die Audios in der digitalen Welt lassen sich jederzeit und überall nutzen, vor allem mobil. Und über Smartphone und Kopfhörer sind sie auch ganz nah bei den Menschen.» Neben drei Wellen des Deutschlandradios gibt es gut 60 ARD-Radios.

Marco Maier, Vorsitzender des Fachbereichs Radio und Audiodienste beim Verband Vaunet, spricht für die Privatsender: «100 Jahre Radio bedeuten auch 40 Jahre Privatradio in Deutschland. In den 80ern gestartet, ist das private Radio heute unverzichtbar für einen Großteil der Bevölkerung. Mit ihren Angeboten erreichen die rund 350 privaten Radiosender 55 Millionen Menschen in Deutschland.»

Laut Media-Analyse Audio 2022 hören knapp 76 Prozent (53,5 Millionen) der Menschen in Deutschland täglich Radio. Sie lauschen im Schnitt über vier Stunden pro Tag. Eben nicht nur linear. Das zeitversetzte Hören ohne feste Zeiten erreicht Millionen. «Der Podcast-Boom überrascht mich immer wieder. Die Abrufzahlen sind mitunter sehr hoch», so Wagner. Jede Art von Wortprogramm erlebe eine Renaissance, sagt der Experte. Das unheilschwangere Lied «Video Killed the Radio Star» der Buggles, mit dem MTV 1981 das Musikfernsehen einläutete, habe nicht Recht behalten. Wagner: «Nein. Radio Star is Still Alive.»

 

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