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Rückblende 2012/05

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Vor 100 und 50 Jahren
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Arnold Schönberg bezieht Stellung zum Aufführungsmonopol und zur Debatte um die Verlängerung der „Parsifal“ -Schutzfrist +++ 28 Akademien und Hochschulen bilden heute Musiker aus, können aber die Wünsche der Theater und Orchester nicht erfüllen. Für 5.500 Orchestermusiker in 85 Orchestern fehlt Nachwuchs.

Vor 100 Jahren

Arnold Schönberg bezieht Stellung zum Aufführungsmonopol und zur Debatte um die Verlängerung der „Parsifal“ -Schutzfrist : … man muss klar auseinanderhalten: Künstlerisch-Moralisches und Finanziell-Rechtliches. Für mich ist klar, dass die Forderung Bayreuths wirklich nichts anderes bezweckt als den Wunsch Wagners, der dort heilig gehalten werden muss, zu erfüllen. Das Wichtigste, was gegen das Bayreuther Aufführungsmonopol spricht, erscheint mir, dass ein Stil nicht entstehen kann, wenn man das Objekt, an dem es sich entwickeln soll, der Einwirkung des Lebendigen entzieht. Das Bayreuther Monopol ist wenig geeignet, einen Stil zu erzeugen, denn es hütet die Tradition. Und die Tradition ist das Gegenteil vom Stil, obwohl man beide oft miteinander verwechselt. Ich muss mich aus diesen Gründen gegen das Bayreuther Aufführungsmonopol entscheiden. Das Autorenrecht erlischt nach 30 Jahren nicht deshalb, damit unbemittelten Kunstfreunden die Werke zugänglich gemacht werden, sondern weil die anderen Verleger nicht zuschauen wollen, wie bloß einer den Gewinn an einem gut gehenden Autor hat. Dagegen sind 30 Jahren nach dem Tode des Autors der Nachdruck und die Aufführung jedem gestattet, der an die Erben oder Bevollmächtigte die (eventuell gesetzlich festzulegenden) Erträgnisteile abliefert. Ein solches Autorengesetz würde all jenen gerecht werden, die es verdienen. Wenn es keine Leibeserben des Autors mehr gibt, wären sie an eine Kasse zu zahlen für Kranken- und Altersversorgung für Künstler und deren Hinterbliebene, Stipendien an junge Künstler…

Neue Musikzeitung, 33. Jahrgang 1912, Nr. 15, S. 315f.

Vor 50 Jahren

28 Akademien und Hochschulen bilden heute Musiker aus, können aber die Wünsche der Theater und Orchester nicht erfüllen. Für 5.500 Orchestermusiker in 85 Orchestern fehlt Nachwuchs. Prominente Dirigenten haben den „Künstlerischen Rat für die Erhaltung und Pflege der deutschen Orchesterkultur“ gegründet, dem Karajan, Sawallisch, Böhm und Keilberth angehören. Die Praxis: An einer deutschen Musikhochschule studieren 28 Geiger, 2 Bratschisten, und in einem Jahr meldeten sich für die Fächer Tuba und Schlagzeug keine Schüler. Es fehlen vor allem Bläser, Streicher. So fassen die Lehrer ihre Nachwuchssorgen und ihre Vorschläge für Abhilfe zusammen: die Werbung  für die Musikhochschulen muss intensiver sein. Engerer Kontakt mit den Grundschulen, schon in den unteren Klassen muss die Ausbildung gründlicher und behutsamer erfolgen. Für die Studenten keine Zimmer, keine Betreuung, nur wenige Institute haben Studentenheime. Die Anschaffung der Instrumente ist für viele Schüler unmöglich; nur ein kleiner Kreis bekommt Leihinstrumente. Der Nachwuchs ist unzureichend ausgebildet. Nach fünf Jahren sind die jungen Musiker auf das Violinkonzert von Brahms gedrillt, aber sie sind nicht in der Lage, die rund sechzig Repertoire-Opern eines Orchesters mitzuspielen. Viele deutsche Orchester scheuen sich, Frauen zu engagieren. Die Musikschulen müssen zur Änderung der Situation den ersten Schritt tun: Zusammenarbeit mit den bestehenden Orchestern, Änderung des Lehrplanes, es dürfen nicht ausschließlich Solisten ausgebildet werden, das Schwergewicht muss die Erziehung von Orchestermusikern sein Das Hochschulorchester wenigstens dreimal  in der Woche. Dazu müssen alle Nebenfächer, das Vomblattspielen ausgebaut werden… Andere Länder, vor allem die Ostblockstaaten, haben ihre Nachwuchsprobleme inzwischen gelöst… 

XI. Jahrgang 1962, Nr. 3 (Mai/Juni), S. 1

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