Bildungsanstalt Jacques-Dalcroze in der Gartenstadt Hellerau bei Dresden +++ Joe-Haider-Quintett und der Jazz in Deutschland
Vor 100 Jahren
Die Bildungsanstalt Jacques-Dalcroze hat in der Gartenstadt Hellerau bei Dresden dank dem Opfermut einiger Kunstfreunde ein eigenes Heim erhalten, das in diesem Sommer eröffnet werden soll. Nach den Plänen des Architekten Heinrich Tessenow ist ein mächtiger Saalbau aufgeführt worden, den eine Kleinhäusergruppe umgibt. Der Saal hat neuartige Bühneneinrichtungen. In der Bildungseinrichtung werden Schulfeste veranstaltet, bei denen Schülerinnen und Schüler des Ins-
tituts und Kinder aus der Gartenstadt Hellerau mitwirken werden. Das Programm umfasst den zweiten Akt des Orpheus von Gluck, eine rhythmisch verkörperte Fuge von Bach, eine Fuge mit Schlusschor von Mendelssohn und eine von Jacques-Dalcroze erdachte Pantomime Narziß und Echo. – Ein Studentenheim für Musikstudierende soll nach Londoner und New Yorker Muster jetzt auch in Berlin errichtet werden. In diesem Hause, ausgestattet mit zahlreichen Übungszimmern und Klavieren, sollen Musikstudierende, Musiklehrerinnen und -lehrer passende Räume finden, in denen sie ungestört üben und Stunden geben können. Es soll zu diesem Zweck von einer in der Bildung begriffenen GmbH ein Haus am Bayerischen Platz angekauft werden.
Neue Musik-Zeitung, 1912, Nr.17/18
Vor 50 Jahren
München, Joe-Haider-Quintett, eine Combo, die in München zurzeit den besten modernen Jazz bietet, den man hören kann. Und so kommen auch allabendlich die Fans, die Musiker (wenn sie spielfrei haben), steigen ab und zu ein, sparen nicht mit sachlichem Lob oder Kritik. Joe Haider, der Bandleader, studiert in München eigentlich Kompositionslehre. So erscheint es auch nicht weiter verwunderlich, dass er viele Arrangements für seine Combo schreibt. Und natürlich spielt er auch das Piano in der Besetzung. „Später will ich aber doch hauptsächlich Arrangements für gute Orchester schreiben. Mein Traum wäre eine Big Band, aber für so viele Jazzmusiker haben wir in Deutschland zu wenig Platz. Es gibt ja kaum in jeder Großstadt ein Lokal, in dem reiner Jazz verlangt und geboten wird. Mit der Kohle, der Bezahlung der Musiker, sieht es auch nicht gerade gut aus.“ Die schlechte Situation der professionellen Jazzmusiker in Deutschland führt er weniger auf das Niveaugefälle zur internationalen Jazzszene zurück. Ein großer Teil der Jazzfans gehöre zu den jungen Leuten, die finanziell nicht sehr stark sind, aber auch aus anderen Gründen nicht zu den Gästen der Nachtlokale und Bars gehörten. „Es ist eben bedauerlich, dass in den Schulen eben doch noch nicht die richtige Einstellung zum Jazz bewiesen wird. Meist beschränkt sich die Anerkennung des Jazz auf ein paar Worte im Jahresbericht. Der deutsche Jazz hat nicht allzuviele gute Musiker. Dazu kommt noch die Entwicklung des modernen Jazz. Es ist eine Musik, die sich immer weniger zum Tanzen eignet.“ (Franz Hellebrand)
XI. Jahrgang 1962, 3 (Mai/Juni), S. 3/4