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Rückblende 2012/10

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Vor 50 und vor 100 Jahren
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Vor 100 Jahren: Leitartikel von Wilibald Nagel +++ Vor 50 Jahren: Zur Situation der Musikerziehung in der Schule

Vor 100 Jahren

Leitartikel von Wilibald Nagel: Sehen wir uns im Musikbetrieb der Gegenwart um, so werden wir nicht gerade von einem Anwachsen des Verständnisses für gute Musik im Publikum sprechen können; das betrifft die moderne Musik so gut wie die ältere… Wir in der modernen Kunst ringen nach neuen Formen, kommen aber von den alten doch nicht los, wir erstreben neue harmonische Mittel, ohne der alten zurzeit schon entraten zu können. Der Prozess hat mit der Romantik und ihrer Aufhebung der tonalen Grenzen der Vergangenheit eingesetzt und zieht nun immer weitere Kreise. Äußerlich sind nun allzu oft die Mittel, die das Ausdrucksgebiet der Tonkunst erweitern sollen. 

So wird solche Kunst mehr und mehr Sache weniger Kenner. Ich meine also, es komme alles darauf an, das Publikum soweit als möglich zu erziehen. Eine Vertiefung des heutigen Musikunterrichtes tut dringend not; sie wird die Allgemeinheit nicht heben, wohl aber die Bildungsbedürftigen, und wird vielleicht das Bewusstsein dafür wecken oder stärken, dass die Musik kein Luxus, sondern ein Kulturfaktor ist, der der größten Berücksichtigung bedarf. Der Kunst wieder allgemeinere Anerkennung zu verschaffen, so muss die Schule den Anfang machen. 

Selbstverständlich muss der eigentliche Musikunterricht besonderen Bildungsstätten vorbehalten bleiben, in der Schule aber sollte und müsste die Betrachtung der kulturellen Zusammenhänge aller geistigen Erscheinungen einer Epoche auch auf die Musik ausgedehnt werden.

Neue Musik-Zeitung, Jg. 34.1912/1913, Heft 1

Vor 50 Jahren

Zur Situation der Musikerziehung in der Schule hat Gottfried Schweizer auch Lichtblicke in der vielerorts bestehenden Schulverdrossenheit: In einem bedeutenden württembergischen Gymnasium zum Beispiel. Das gesamte Institut wurde zu einer sanges- und musizierfreudigen Gemeinschaft. Die Eltern stehen fördernd mitten inne. Die Privatmusiklehrer profitieren davon. Von 750 Schülern spielen über 500 ein Instrument, 90 Schüler sogar zwei und 16 sogar drei Instrumente. Das ermöglicht die Bildung mehrerer Orchester, Posaunenchor, Kammermusik, zwei Tanzorchester.… Der findige Oberstudiendirektor: Wir wollen einen notwendigen Ausgleich schaffen gegenüber der vorwiegend verstandesmäßig ausgerichteten Tendenz in den sogenannten wissenschaftlichen Fächern. Wo könnte dies leichter und wirkungsvoller geschehen als auf dem Gebiet der Musik?

Peter Lachmund beschreibt den Weg, den die Stadt Köln für ihr Jugend- und Schulmusikwerk eingeschlagen hat: Um alle Jugendlichen nachdrücklich ansprechen zu können, verzichtete man auf die zentrale Lösung „Jugendmusikschule“ und hielt sich stattdessen an die Schulen und an das Jugendamt als die gegebenen Organisationsformen. Dementsprechend gliedert sich das „Jugend- und Schulmusikwerk“ in die fünf Musikwerke der Volksschulen, der Realschulen, der Höheren Schulen, der Berufsschulen und des Jugendamtes, die sich bei aller Gemeinsamkeit durch den Schwerpunkt ihrer Arbeit unterscheiden. Während an den Volksschulen Singklassen und Elementarkurse noch überwiegen, kommt an den weiterführenden Schulen dem Instrumentalunterricht im Hinblick auf deren Orchesterarbeit und Kammermusikpflege besonderes Gewicht zu. Und dann künftig vor allem eine intensive Förderung der Leistungsspitze. 

XI. Jahrgang 1962, 5 (Sept./Okt.), S. 1

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