Vor 100 Jahren: Ein Kaiser-Huldigungs-Denkmal im Konzerthaus zu Wien +++ Vor 50 Jahren: Gegen einseitige Lehrerbildung protestiert die Musikalische Jugend Deutschlands
Vor 100 Jahren
Ein Kaiser-Huldigungs-Denkmal im Konzerthaus zu Wien: Die Volkshymne von Haydn ist das Thema für das nach Gedanken und Ausführung gleich herrliche Denkmal, einem Meisterwerk des Wiener Bildhauers Akademieprofessor Edmund Ritter von Hellmer, angebracht im Stiegenhaus des neuerbauten prächtigen Heims des Wiener Konzerthausvereins. – Eine Huldigung für Kaiser Franz Joseph von Österreich, den Protektor des Konzerthausvereins, soll dies künstlerisch bedeutsame Werk sein – ein nach dem Leben in höchster Naturtreue modellierten Reliefporträt, 3,80 m hoch und 4,08 m breit, und wie das ganze Denkmal aus Laaser Marmor gebildet. Eine Huldigung durch den von Meister Haydn dereinst vertonten und zur Volkshymne erwählten österreichischen Nationalgesang „Gott erhalte Franz den Kaiser“ – auf einer Onyxtafel leuchtet denn auch diese populärste aller Hymnen hernieder. Zwei ideale Frauengestalten, die weltliche und geistliche Musik verkörpernd, blicken huldigend zu des Kaisers freundlich dreinblickendem Antlitze auf. Zu ihren Füßen ruht als Verkünder des kommenden Geschlechts, ein kleiner, die Geige spielender Knabe. Von der linken Seite aber naht ehrfurchtsvoll sich eine Familie, hochaufgerichtet der Mann, das staatliche Weib in Demut und Ergebenheit, mit zusammengefalteten Händchen für des geliebten Monarchen Wohl betend, das kleine Mädchen. Eine ideale Verkörperung der Volkshymne!
Neue Musik-Zeitung, 35. Jahrgang 1913/14, Heft 6 (Dezember 1913), S. 119
Vor 50 Jahren
Gegen einseitige Lehrerbildung protestiert die Musikalische Jugend Deutschlands, unterzeichnet von Büchtger, Bernbacher, Handerer, in einem offenen Brief an den Bayerischen Staatsminister für Unterricht und Kultus, die Gefahren darstellend, die durch die Degradierung der musischen Fächer zum Wahlfach in der Lehrerbildung entstehen.
Wenn man bedenkt, dass die Musik in den drei Oberklassen der höheren Schulen zu Entlastung für das Abitur abgewählt werden kann, heißt, vielen jungen Menschen gewaltsam den Zugang für die Musik und eine Erziehung zum Hörer-Nachwuchs zu annullieren.
Die Weltgeltung der deutschen Musik beruhte nicht zuletzt darauf, dass in früheren Jahrzehnten der Volksschullehrer der Träger der Kultur und insbesondere der Musik auf dem Lande war. Er war es, der die Kinder zur Musik geführt hat, sie angeregt hat, ein Instrument zu spielen. Aus dem großen Reservoire der Laienmusikanten rekrutiert sich der Stand der Berufsmusiker. Wenn nunmehr durch die mangelhafte Ausbildung der Volksschullehrer das Laienmusizieren immer weiter zurückgeht, so ist es ganz selbstverständlich, dass auch die Zahl der Musikstudierenden in dauerndem Rückgang begriffen ist und dass binnen kurzem die deutschen Orchester nicht mehr in der Lage sein werden, ihre Aufgabe als Träger und Pfleger der Musik unserer großen Meister zu erfüllen.
Dazu Guido Waldmann: Um so entscheidender wird in dieser Notlage die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen der Musikerziehung, vor allem mit den Jugendmusikschulen – Einrichtungen, die nicht allein fachlich-musikalische Aufgaben erfüllen, sondern sich mindestens ebenso sehr der sozialen Bedeutung ihres Tuns bewusst sind.
„Musikalische Jugend“, XIII. Jahrgang 1964–2, S. 1 u. 7