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Vor 50 Jahren.
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Rückblende 2015/12

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Vor 50 und vor 100 Jahren
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Vor 100 Jahren: Richard Straussens neustes Werk, die Alpensymphonie, bei der Erstaufführung in der Berliner Philharmonie am 28. Oktober 1915. +++ Vor 50 Jahren: Über Grenzen der Musik meditierte der 83-jährige Schweizer Dirigent Ernest Ansermet und rechnet mit den Zwölftönern, Elektronikern und Abatonikern ab. – Karlheinz Stockhausen versucht eine Verbindung von instrumentaler und elektronischer Musik. – Musikerziehung nach Jacques Dalcroze

Vor 100  Jahren

Der einmütige Beifall, den Richard Straussens neustes Werk, die Alpensymphonie, bei der Erstaufführung in der Berliner Philharmonie am 28. Oktober 1915 errungen hat, muss uns aus den verschiedenen Gründen mit Stolz und Genugtuung erfüllen. Einmal und vor allen Dingen deshalb, weil dieser herzliche warme Erfolg uns aufs Schönste zum Bewusstsein bringt, wie tief und echt die deutsche Musikkultur ist, so dass sie sich auch mitten im größten Weltkriege aller Zeiten so ruhig entfalten mag, dass sie das deutsche Musikpublikum in einmütigstem Beieinander findet. Dann aber um Richard Straussens selber willen. Bekennen wir es ihm offen, dass vielen unter uns ein wenig bedenklich geworden war. Gar zu schnell waren die Opern mit den wirksam ästhetisierten Dichtungen von Hofmannsthal einander gefolgt, und gar die Josephs-Legende mit ihren raffinierten russisch-französischen Ausstattungswundern zeigte so etwas wie Konzession an den Geschmack der internationalen Kunstwelt. Wir, die wir München und das bayerische Bergland kennen und lieben, die wir wissen, wie herzlich gerade Strauss an seiner süddeutschen Heimat hängt, wir lechzten seit Jahren nach einer Schöpfung von ihm, in der sich eben diese seine süddeutsche Natur, diese Bergseele einmal nach Herzenslust ausleben kann. Nun endlich hat uns Richard Strauss dieses Werk geschenkt …

Neue Musik-Zeitung XXXVII., Jahrg. 1915/1916, H.5, S. 58

Vor 50 Jahren

Über Grenzen der Musik meditierte der 83-jährige Schweizer Dirigent Ernest Ansermet und rechnet mit den Zwölftönern, Elektronikern und Abatonikern ab. Im Menschen sei ein „tonales Gefühl“ fest verankert, das dem schöpferischen Geist als „tonales Gesetz“ richtungsweisend sei.  Auch dem Hörenden garantiere es eine Bestätigung des eigenen „affektiven Sinns“ durch die Musik. Das wären die Grundlagen, aus denen sich Grenzen ergeben: Alle Musik ist „tonal“, was nicht tonal ist höchstens eine Tonkunst. Die „Atonalen“ (Schönberg, Webern und ihre Gefolgschaft) lebten in einem Irrtum: Musik könne nur menschlichen Wert haben, wenn sie der Ausdruck eines Menschen sei. Hinter der sogenannten Neuen Musik stünden nur willkürliche Formeln und der Zufall …

Karlheinz Stockhausen versucht eine Verbindung von instrumentaler und elektronischer Musik. Anlässlich der Uraufführung seiner „Mixtur“ für fünf Orchestergruppen, Ringmodulatoren und Lautsprecher, bei dem das von den Instrumentalgruppen gespielte Klangmaterial im Augenblick des Erklingens elektronisch verwandelt wird, meinte der Komponist: „Die Entwicklung der instrumentalen Musik scheint mir nun völlig offen zu sein, da sich die unerlässlichen Bedingungen der instrumentalen Musik mit den Errungenschaften der elektronischen Musik zu einer neuen Einheit verbinden, die unvergleichlich beweglicher und wandlungsfähiger ist als additive Verknüpfung von Tonbandmusik und Instrumentalmusik.“ 

Wenn man bedenkt, in welch trockener, theoretischer Atmosphäre bis vor kurzem in Musikschulen gelehrt wurde und welche lebendige gesunde Luft durch die Rhythmik-bedingte Musikerziehung nach Jacques Dalcroze einzog, so begreift man erst, welchen Mut dieser Pädagoge bewiesen hat. Und das sollten Musiker von gestern und heute nicht vergessen: Das musikalische Erlebnis ist einmalig und persönlich, nie darf es zu einem Schema, zu einer Doktrin werden.  

Musikalische Jugend  XIV.1965, H. 6, S, 1, 4, 6

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