Vor 100 Jahren: Der Musikschriftsteller Paul Marsop, der sich um die Errichtung musikalischer Volksbibliotheken verdient gemacht hat und in München 1904 die erste Städtische Musikbibliothek gegründet hat, sieht „Zukunftsaufgaben des Deutschen Musikverlags“ +++ Vor 50 Jahren: Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Chorverbände mit ihren grob gezählt 35.000 Chören mit weit über 2,5 Millionen Mitgliedern beobachten mit großer Besorgnis die Entwicklung der Chöre
Vor 100 Jahren
Der Musikschriftsteller Paul Marsop, der sich um die Errichtung musikalischer Volksbibliotheken verdient gemacht hat und in München 1904 die erste Städtische Musikbibliothek gegründet hat, sieht „Zukunftsaufgaben des Deutschen Musikverlags“: so regt er die Musikverleger an, ernstlich zu erwägen, ob und inwieweit sie es nicht mit der Herausgabe guter, gehaltvoller moderner, will sagen heute ersonnener Musik – ohne Ansehen der Richtung – zu ganz billigen Preisen versuchen wollten. Sehr in Betracht zu ziehen wäre der Anreiz, den ein ausgiebiges Sichbekanntmachen mit eben dieser neueren Musik im Theater und vornehmlich im Konzertsaal auf die Kauflust ausüben könnte. Den Absatz von inhaltlich wertvollerem Notenmaterial bestritten neben den Fachmusikern und Musikschülern bislang beinahe nur die Kreise, auf die im Wesentlichen das Konzert- und Opernwesen zugeschnitten war: die der Reichen und die des wohlhabenden Mittelstandes. Hierin mache sich erst in den letzten zwei Jahrzehnten eine Änderung bemerkbar. Mit der Einführung von Volkssymphoniekonzerten, dem Aufbau von Volkschören und Verwandtem finge man an, den wenig Bemittelten den Zugang zu gehaltvollen Werken älterer und neuerer Tonkunst zu erschließen.
Neue Musik-Zeitung, XXXVII. Jahrgang 1916, H.22, S. 344
Vor 50 Jahren
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Chorverbände mit ihren grob gezählt 35.000 Chören mit weit über 2,5 Millionen Mitgliedern beobachten mit großer Besorgnis die Entwicklung der Chöre; sie verfügen kaum noch über nennenswerten Mitgliederzuwachs, Überalterung drohe und damit Aussterben, so der DAS auf seiner Generalversammlung im Juni 1966 in Nürnberg. Überall wird um die Jugend geworben. Der DSB betont in seinem neuen Kulturprogramm die Wichtigkeit der Jugendarbeit: „Die Jugendarbeit wird auch in Zukunft die Tagesordnungen der Sängertage des DSB beherrschen.“ Die Chöre der alten Sangesbrüder und -schwestern mit ihrem zum Teil antiquierten Liedgut sind für junge Menschen nicht attraktiv genug. Solange nicht eine mutige Gruppe junger Komponisten, die nicht nach Mode und Avantgarde schielt, der Jugend aufs Maul schaut und deren Musik in Lieder umsetzt, bleiben die Nachwuchssorgen der deutschen Chöre bestehen.
Mit einem monströsen Uraufführungswerk, dem Oratorium „Manifest vom Menschen“ des Darmstädter Komponisten Ulrich Engelmann hatte die deutsche Gewerkschaft IG Metall ihre 75-Jahr-Feier vor Tausenden von Hörern in der Frankfurter Festhalle begangen. Ein Auftragswerk, in dessen Text Winfried Sabais ein Lob auf die Metallverarbeitung und die Loslösung von sozialer Unfreiheit anstimmt. 350 Sänger, drei Sprecher, drei Gesangsolisten, dazu ein 150-köpfiges Orchester formierten das riesige Aufgebot, das im „Prolog“ durch den kühlen metallischen Klang der Celesta und den breitflächigen Akkordblöcken massierten Bläsern eröffnet wird. Der Rhythmus des Maschinenzeitalters und der Marsch der Arbeiterkolonnen verlangen nach markant besetztem Schlagzeug. In einer Kosmonautensinfonie werden auch Sphärenklang und Elektroakustik beschworen.
Musikalische Jugend XV. Jahrgang 1966, H. 4, S.1 und 2