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Rückblende 2018/11 (Vor 100 und vor 50 Jahren)

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Versicherungen und Musikgeschichten
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Vor 100 Jahren: Der Versicherungskampf der Musiker +++ Vor 50 Jahren: Zwischen 19. und 20. Jahrhundert

Vor 100 Jahren:
Der Versicherungskampf der Musiker

Zuletzt von allen Ständen beginnen sich die Musiker zu regen, um bei der Neuverteilung der sozialen Welt Deutschlands nicht völlig ins Hintertreffen zu geraten. Noch vor ihnen muß­ten sich die Beamtenverbände zu einer großen Interessengemeinschaft zusammenschließen, bevor sich unter den Künstlern und Kunstpädagogen der Gedanke Bahn brach, daß es außer der Kunst noch so ein Ding gab, das sich sozialer Standeskampf nennt und heute unlösbar mit jedem Staatsbürgertum verschmolzen ist. […] Wozu also dann die Neukonstruktion der amtlichen Ausleger in der Anleitung der Reichsversicherungsanstalt: „Unständig Beschäftigte“? […]

Hans F. Schaub deutet darauf hin, dass die Einordnung der Musiklehrenden gerade in einem Augenblick erfolgt, wo die Bestrebungen aller maßgebenden Musikverbände nach Standeshebung beginnen, die ersten Früchte zu tragen. Die Öffentlichkeit weiß noch nicht, daß seit Jahren sich die wissenschaftlichen Anforderungen an die ernststrebenden Musiker in einer Weise verschärft haben, daß sie vollauf Anspruch darauf erheben können, als wissenschaftlich Tätige anerkannt zu werden. Welche Energie allein im Musikpädagogenfach von den Verbänden bei Durchführung der von ihnen aus eigenem Antrieb eingerichteten Prüfungen für Musiklehrende aufgebracht wurde, vermag leider bis heute der Außenstehende noch nicht richtig zu bewerten. Und nun ergehen nach Schaub die Bekanntmachungen der Ortsbehörden an „Putz- und Scheuerfrauen, Tagelöhner, Aushilfskellner und Musiklehrer (!)“

Waldemar Banke, Neue Musik-Zeitung, 39. Jg., Nr. 23, 5. September 1918

Vor 50 Jahren:
Zwischen 19. und 20. Jahrhundert

„Ist das 19. Jahrhundert tot?“ Das Niveau dieser Frage zeigt sich schon an ihrer Formulierung. Diese Frage bescherte den Darmstädter Ferienkursen wieder einen Kongreß. Warum dieser Kongreß zu allem Überfluss noch den Titel „Kompositorische Tendenzen nach der Mitte des 20. Jahrhunderts“ trug, bleibt völlig unerfindlich. G. Ligeti beanspruchte die meiste Zeit mit Randbemerkungen und der Besprechung bekannter Einzelstellen romantischer Musik. H. G. Helms kam hinzu, um die rückwärts gewandten Züge in Ligetis Musik sozio-ideologisch zu überhöhen, obwohl Ligeti selbst sich nicht ohne Grund von vordergründig engagierter Agitprop-Kunst distanzierte […]

Bei der Aufführung von K. Stockhausens „Hymnen“ zeigte sich, daß Musik nicht vor Vergangenem kapitulieren muß, sondern konsistent genug sein kann, dem Vergangenen standzuhalten. Dieses Werk bezeichnet den Höhepunkt in Stockhausens langjährigen Versuchen, elektronische, konkrete und instrumentale Musik miteinander zu verbinden. […] Kaum ein „Zitat“ bleibt bloßes Zitat; allenfalls erscheint es als scheinbar bekannte Folie zu völlig neuen, unbekannten Klängen. Auch das angeblich Längstvertraute wird dabei so rätselhaft und ungewiß wie die unbekannte Gegenwart und Zukunft selbst, frei von den Klischees vergangener Emotionen und Ideologien, offen für das noch Unbekannte, Neue, Lebendige. Man trennt nicht mehr zwischen dem mehr oder weniger traditionell „Komponierten“ und dem klingenden Resultat. Damit öffnen sich die starren Grenzen zwischen musikalischer Komposition, Interpretation und Rezeption.

Rudolf Frisius, Musikalische Jugend XVII. Jg., Nr. 5, Oktober/November 1968

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