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Rückblende 2019/10 (Vor 100 und vor 50 Jahren)

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Grammophon als Lehrmittel der Musik | „anti-manifest“
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Vor 100 Jahren: In den Dresdener Nachrichten äußert sich Dr. Eugen Schmitz, Professor der Musikwissenschaft an der Technischen Hochschule in Dresden, über das Grammophon als Lehrmittel der Musik. Vor 50 Jahren: Ein „anti-manifest“ von Hans Otte.

Vor 100 Jahren

In den Dresdener Nachrichten äußert sich Dr. Eugen Schmitz, Professor der Musikwissenschaft an der Technischen Hochschule in Dresden, über das Grammophon als Lehrmittel der Musik: „Die Nachricht, daß für die musikwissenschaftlichen Vorlesungen an der Dresdener Technischen Hochschule ein Grammophon-Archiv eingerichtet werden soll, ist wohl mancherseits mit einigem Kopfschütteln entgegengenommen worden. Denn abgesehen etwa vom Klavier, erfreut sich in weitesten Kreisen kein Musikinstrument eines so festbegründeten Rufes als kunstfeindlicher Quälgeist wie das Grammophon. Eine ordinäre ‚Sprechmaschine‘, die eine ebenso ordinäre abgespielte Musikplatte abquäkt,­ womöglich noch in recht aufdringlicher, die ganze Nachbarschaft belästigender Weise: das ist in der Tat etwas peinlich Kulturwidriges. Aber es gibt auch technisch aufs höchste vervollkommnete Grammophonapparate, kostbare Plattenaufnahmen von gro­ßem künstlerischem Wert, und eine Verwendung solcher Einrichtungen im Sinne künstlerischer Geschmacksbildung. […]

Es bedarf keiner weiteren Erörterung, wie lichtvoll z. B. ein Vortrag über den Stil der Opera seria durch Grammophonaufnahmen von Operngesängen der neapolitanischen Schule gestaltet werden kann, oder wie prächtig man sich die nationalen Formen der polyphonen Vokalmusik des 16. Jahrhunderts durch Platten […] klarzulegen vermag. Derartige Plattenaufnahmen gibt es nun freilich noch nicht im Handel […]. Das Phonetische Institut in Dresden hat sich bereit erklärt […], solche Aufnahmen herzustellen.“

Neue Musik-Zeitung, 40. Jg., 1919, Heft 24

Vor 50 Jahren

„anti-manifest“

[…] 6. Akzeptiere niemals einen vorgegebenen Produktionsapparat, der, einmal beliefert, die verheerendsten Folgen in deinem Denken auslösen muß, durch dessen Druck jeder von ihm freie Gedanke nur verstümmelt werden kann.

7. Dreh die Sache um und denke lieber an Werke, die sich jeglicher Anpassung an die gegenwärtig und doch einfach übernommenen Produktionsverhältnisse widersetzen.

[…] 12. Verlaß dich auch nicht auf die paar Interpretenspezialisten der neuen Musik. Ihr längst verdinglichter und ach so bekannter Gestus, Musik und ihresgleichen erfolgreich zur Schau zu stellen, muß verhindern, was auch immer sie zutage zu fördern hätten.

13. Traue auch nicht dem Rundfunk, oder besser: Den wenigen Stationen, die sich der neuen Musik gegenüber erkenntlich zeigen. Dieses Instrument, das ja nur selten den Weg in die Öffentlichkeit wagt, zumal mit all den Dingen, die so herrlich unbequem sind, bleibt ein Reproduktionsmittel, das in beliebiger Häufigkeit und Reihenfolge deine Werke abzieht, sie vervielfäl­tigt, um seinen immensen Bedarf […] zu decken. Darüber hinaus gleicht er seinem Medium entsprechend selbst das Unvergleichliche noch einander an, alles wird immer mehr dasselbe.

14. Dennoch: Stell dir einmal die deutsche Musiklandschaft ohne den Rundfunk vor! […]

Hans Otte, Neue Musikzeitung. XVIII. Jahrgang, 1969, Nr. 5 (Okt./Nov.)

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