Die Diskussion um eine Abschaffung der kleineren der deutschen ARD-Anstalten wird seit Jahrzehnten geführt. Bayerns Ministerpräsident Söder hat der Debatte wieder neues Leben eingehaucht.
Bad Staffelstein (dpa) - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat in der Debatte um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland eine Reduzierung sowohl der Zahl der Sendeanstalten als auch der Zahl der Programme vorgeschlagen. Unter anderem könne der Saarländische Rundfunk in den Südwestrundfunk (SWR) und Radio Bremen in den Norddeutschen Rundfunk (NDR) aufgenommen werden.
«Wir glauben, dass diese beiden kleinen Sender integrierbar sind», sagte Söder am Mittwoch bei der Klausurtagung der bayerischen CSU-Landtagsfraktion in Kloster Banz bei Bad Staffelstein. Vorschläge dieser Art hatte es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder gegeben, sie waren aber unter anderem am Widerstand aus den betroffenen Bundesländern gescheitert.
Zudem sollten mindestens 20 Sender eingespart werden, sagte Söder weiter. Konkret schlug er vor, mindestens 14 der derzeit 72 öffentlich-rechtlichen Hörfunkprogramme könnten wegfallen. Ferner tritt er für eine deutliche Reduzierung der Zahl der Spartenkanäle im Fernsehen ein. So stelle sich etwa die Frage, ob 3Sat und Arte zu einem internationalen Gemeinschaftsprojekt ausgebaut werden könnten oder ob tagesschau24 und andere Infokanäle miteinander verknüpft werden könnten. Einzelne Beiträge würden zum Teil auf mehreren Programmen ausgestrahlt.
Insgesamt wolle er mehr Information und weniger Unterhaltung. «Wir würden gerne einen Informationsanteil von 60 Prozent festschreiben», sagte Söder. Dafür könne die eine oder andere Quizsendung wegfallen, die der CSU-Politiker nicht für den Kernauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender hält. Ziel sei es, die Kernaufgaben zu erhalten, aber «Unnötiges» zu entschlacken.
Er sprach sich in diesem Zusammenhang auch für eine Halbierung der Zahl der Klangkörper aus - dazu zählen unter anderem Rundfunkorchester und Big Bands. Zudem schlug er vor, die Gehälter für das Führungspersonal der Sendeanstalten an die Spitzengehälter des öffentlichen Dienstes anzugleichen und die Verwaltungskosten insgesamt um zehn Prozent zu senken. Eine Erhöhung der Rundfunkgebühren für die Bürger lehnt Söder ab.
Vor Söder hatte bereits der CDU-Bundesvorstand seine Vorschläge für eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bekannt gemacht. Darin wird eine Gebührenerhöhung nicht grundsätzlich abgelehnt, sollte sie dringend notwendig sein. Die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) soll voraussichtlich im Februar eine Gebührenhöhe ab dem Jahr 2025 vorschlagen. Im Gespräch ist der Vorschlag einer Erhöhung um 58 Cent pro Monat auf 18,94 Euro. Auch die CDU sprach sich für die Zusammenlegung von Sparten- und Themensendern aus.
Reaktion der Musikergewerkschaft unisono:
Haushaltsabgabe: unisono erteilt Söders Forderungen klare Absage
Abwicklung von Rundfunkklangkörpern ist purer Populismus
Berlin - unisono, der Berufsverband und die Gewerkschaft der professionellen Musikerinnen und Musiker in Deutschland, erteilt der aktuellen Forderung des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, die Zahl der Rundfunkklangkörper in Deutschland auf zwölf zu halbieren, eine klare Absage.
„Diese Forderung ist nicht neu, aber sie bleibt purer Populismus“, ärgert sich unisono-Geschäftsführer Gerald Mertens. „Die Rundfunkorchester, -chöre und Bigbands der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten werden mit nur 2,2 Prozent der Haushaltsabgabe finanziert. Das bedeutet, dass die Gebührenzahler jeden Monat für nur 41 Cent ein hochwertiges Musikangebot nutzen können, welches bei kommerziellen Streamingplattformen ein Vielfaches kostet. Außerdem sind die Rundfunkensembles regional in den Sendegebieten unterwegs und damit echte Kulturbotschafter für ihre Anstalten.“
Mertens abschließend: „Herrn Söder ist offenbar auch nicht bewusst, dass Rundfunkklangkörper mit ihren vielfältigen Bildungsangeboten ein wesentlicher Bestandteil der Musikvermittlung für Kinder und Jugendliche in ganz Deutschland sind, auch in ländlichen Räumen. Sie gehören damit zum essenziellen Kernbereich des verfassungsrechtlich und medienpolitisch fixierten Kultur- und Bildungsauftrags im Rundfunk. Wer hier – wie Herr Söder – kürzen will, zerstört viel, spart aber wenig.“
Hinweis: Weitere Informationen, warum der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Klangkörper braucht, finden Sie in dem Positionspapier #WirSindKulturauftrag