[…] Hier soll nun nicht eine Chronik der Skandale und Skandälchen serviert werden, nicht erinnert werden an die heftige Kontroverse zwischen dem konservativen Komponisten Peter Jona Korn und dem sich fortschrittlich verstehenden Hohenemser in Sachen „Neue Tendenzen der Musik“, einer Veranstaltung, die Josef Anton Riedl arrangiert und „Musik Film Dia Licht Festival“ nennt. Es ist nur allzu verständlich, daß gerne jeder einen kräftigen Biß in den Olympia-Kultur-Kuchen machen möchte, die Zuständigen und die mangels Qualität Unzuständigen, die Richtungs-Kämpfer und die Repräsentations-Anhänger – die Organisatoren sind wahrlich nicht zu beneiden. […]
Dritte, wesentliche, Veranstaltung unter dem Siegel der fünf Ringe ist die Weltkulturen-Ausstellung im Haus der Kunst, der ein sogenanntes Klang-Zentrum angegliedert ist, ein sachlicher und vielseitig verwendbarer Raum (Architekt: Paolo Nestler), bei dem man nur leider mit der Schallisolierung gegen den Verkehrslärm gespart hat, so daß etwa die Uraufführung von Kagels „Exotica“ dank einer Polizeisirene unterbrochen werden mußte. Der Papierform nach ist das Klangzentrums-Programm aber von hohem Reiz. Wer sich für außereuropäische Kunstformen, für unbekannte Instrumente und gemeinhin nachlesbare Geisteshaltungen interessiert, der muß zwangsläufig der olympischen Kultur-Idee dankbar sein. Wann sieht man schon Kabuki, wann Persisches, Indisches und Indonesisches. […]
Helmut Lesch, Neue Musikzeitung, XXI. Jg., Nr. 4, August/September 1972