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100 % LB-frei

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Juan Martin Koch über eine zynische Bemerkung zum Thema Lehrbeauftragte
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„Wenn Lehrbeauftragte ihr Leben lang im prekären Arbeitsverhältnis – was ich sehr bedauere – nur Lehrbeauftragte bleiben, dann wurden sie vielleicht nicht akzeptiert bei entsprechenden Bewerbungen.“ Diese interessante, mit Betroffenheitsattitüde fein abgeschmeckte Bemerkung stammt von Hartmut Höll, dem Rektor der Karlsruher Musikhochschule. Gemacht hat er sie in der öffentlichen Anhörung des Wissenschaftsausschusses des baden-württembergischen Landtages am 22. Juli als Antwort auf das Referat der Lehrbeauftragten-Sprecherin Ulrike Höfer (nachzuhören in der Mediathek des Landtages ab 1:27:16).

Interessant ist die Bemerkung aus zweierlei Gründen: Zum einen impliziert sie die Unterstellung, hinter jedem Lehrbeauftragten stehe eine aus fachlichen Gründen zu Recht gescheiterte Karriere. Daraus folgt, zum zweiten, ein grundsätzliches Dilemma: Wenn dem so ist, wie kann es dann sein, dass ausgerechnet diese auf regulären Stellen nicht zum Zuge gekommenen Dozenten einen großen Teil, in einigen Fällen gar die Hauptlast der Lehre an deutschen Musikhochschulen zu stemmen haben? Wo bleibt da die permanent wie eine Monstranz vor sich hergetragene Exzellenz unserer Ausbildungsstätten?

Zynisch zu Ende gedacht, müsste – ähnlich wie bei im Ausland erworbenen akademischen Titeln – somit in Absolventenzeugnissen eigentlich der Anteil der durch Lehrbeauftragten-Unterweisung erworbenen – nach Höll’scher Logik also defizitären – Kompetenzen in Prozentzahlen, mit einer Art „LB-Wert“ ausgewiesen werden. Ein Rostocker Bachelor zum Beispiel hätte dann das Kürzel „B.A. (LB>60 %)“. Ein Orchester wiederum könnte eigentlich erst dann Weltklasse für sich reklamieren, wenn es das anerkannte Zertifikat „100 % LB-frei ausgebildet“ tragen könnte.

Vor diesem Hintergrund erscheint auch ein Bestandteil des in Baden-Württemberg nunmehr vom Ministerium als „Perspektive 2020“ verkauften „Paktes für Qualitätsentwicklung und Profilierung“ fragwürdig (siehe Seite 29): Der von den Hochschulen zu erbringende Teil des Sparvolumens zur Verbesserung der Situation der Lehrbeauftragten soll nämlich (vielleicht ein Vorschlag aus Karlsruhe?) offenbar auch dadurch erzielt werden, dass fest angestellte Dozenten, der so genannte „Mittelbau“, einfach für die gleiche Bezahlung mehr unterrichten. Merkwürdigerweise können also die zur Rechtfertigung gern ins Feld geführten Spezialfächer, für die nur Lehraufträge in Frage kommen, nun auf einmal von vorhandenen festen Kräften einfach mitabgedeckt werden… Da bleibt für die Lehrbeauftragten also auch nach dem bundesweiten, mit großer Presseresonanz begleiteten Aktionstag am 6. November (siehe Seite 29) einiges an Bewusstseinsbildung zu tun.

Weitere Baustellen in Sachen Musikausbildung gibt es im beiliegenden Hochschulmagazin (darunter das weitgehend verschlafene Thema Inklusion) und beim „Kongress OrchestermusikerIn der Zukunft“ zu besichtigen, zu dem der Deutsche Bühnenverein, die DOV und die RKM für den 26. und 27. Januar an die Kölner Musikhochschule einladen. Betreten erlaubt.

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