Hauptbild
Schnecke Urheberrecht. Foto: Hufner
Schnecke Urheberrecht. Foto: Hufner
Hauptrubrik
Banner Full-Size

Am Tag der kulturellen Vielfalt polterts zum Thema Urheberrecht

Publikationsdatum
Body

Am Tag der kulturellen Vielfalt polterts zum Thema Urheberrecht Heute legte nicht nur der Arbeitskreis Urheberrecht der SPD-Bundestagsfraktion seine „Zwölf Thesen für ein faires und zeitgemäßes Urheberrecht“ vor – diese Thesen wurden auch fast zeitgleich schon vom Bundesverband der Musikindustrie in Teilen begrüßt. Und die Piratenpartei „kontert" (kentert, entert?) heute mit „Die zehn wichtigsten Punkte einer Urheberrechtsreform“. Der Deutschen Kulturrat stürmt das Netz mit einem Aufruf: „Für kulturelle Vielfalt im Internet“ und fordert ein „starkes Urheberrecht“. Daneben tritt einigermaßen unerwartet ein juristischer Akt: Die GEMA geht wegen des sogenannten „YouTube-Urteils“ des Landgerichts Hamburg in Berufung.

Überraschend hat die GEMA Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg eingelegt: „Mit Einlegung der Berufung will die GEMA Rechtssicherheit für ihre Mitglieder schaffen und fordert gleichzeitig von YouTube maximale Transparenz in den Verhandlungen“, heißt es in der Pressemitteilung der GEMA. „Das erstinstanzliche Urteil war bereits ein großer Erfolg für das Anliegen der Urheber, die die GEMA vertritt, reicht aber noch nicht weit genug“, wird das Vorgehen begründet. Ganz klar geht aus der Pressemitteilung allerdings nicht hervor, in welchen Teilen man das Urteil des Gerichts kritisiert. Die GEMA schreibt: „Beide Seiten sind nach dem Urteil an den Verhandlungstisch zurückgekehrt, um gemeinsam eine rasche Einigung zu erarbeiten und die Dienstleistung von YouTube wie rechtlich vorgegeben zu lizenzieren. Es zeigte sich jedoch schnell, dass bis zum Ende der Berufungsfrist auf dem Verhandlungsweg keine Einigung erzielt werden konnte. YouTube ist derzeit nicht bereit, die Ergebnisse der Verhandlungen offen zu legen. Genau dies fordert aber die GEMA, die auch rechtlich zur Veröffentlichung der Ergebnisse verpflichtet ist.“ Das erklärt jetzt nicht die dahinterstehende Idee. Wohl aber die Befürchtung, dass das Urteil, so wie es ergangen ist, keine Folgen zeitigen würde.

Das Urheberrecht ist auch Thema eines Papiers, das der Arbeitskreis Urheberrecht der SPD-Bundestagsfraktion verfasst hat. In 12 Thesen möchte mit „ihrem Thesenpapier für ein faires und zeitgemäßes Urheberrecht eine ehrliche Debatte über die Zukunft des Urheberrechts führen. Wir setzen uns für eine Modernisierung des Urheberrechts in der digitalen Gesellschaft ein, das Kreative und Urheber stärkt und das Recht mit neuen digitalen Nutzungspraktiken in Einklang bringt. Unser Ziel ist es, einen fairen und gerechten Ausgleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern sicherzustellen. Wir wollen sie bei der legitimen Durchsetzung ihrer Rechte unterstützen – sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Die Weiterentwicklung des Urheberrechts kann nur im Dialog und nicht gegeneinander gelingen.“

Die dort in These 5 verworfene Idee einer Kulturflatrate, stieß unmittelbar auf offene Ohren beim Bundesverband der Musikindustrie (BVMI). Deren Vorsitzender, Dieter Gorny, ließ verlauten: „Wir freuen uns sehr, dass die SPD mit ihrem aktuellen Thesenpapier nicht nur ein klares Bekenntnis zum Schutz des geistigen Eigentums abgibt, sondern auch dem Modell einer Kulturflatrate eine deutliche Absage erteilt.“ Aber der Bundesverband rügt das Thesenpapier, da es in vielen Punkten in „die falsche Richtung“ zeige. Dazu gehört vor allem die strikte Ablehnung eines Three- oder Two-Strikes-Modells zur Verwarnung von gegen geltendes Recht verstoßenden Nutzern, beispielsweise in sogenannten Tauschbörsen. Der Geschäftsführer des BVMI, Florian Drücke: „Es überrascht uns sehr, dass auf der einen Seite konstruktive Ansätze wie das Warnmodell ohne Betrachtung des konkreten deutschen Diskussionsstandes pauschal abgelehnt werden, auf der anderen Seite aber die Rechtsdurchsetzung durch zivilrechtliche Verfahren – dort, wo sie heute möglich ist – praktisch unmöglich gemacht werden soll. Das passt nicht zueinander …“ (Gleichwohl scheint die Anhörung zum Thema für den Verband der Musikindustrie nicht so glück verlaufen zu sein. Markus Beckedahl von netzpolitik.org hat live von der öffentlichen Anhörung gebloggt. Zitat: „Drücke war dann nicht in der Lage, genauere Zahlen zu den Abmahnungen zu geben, weil er die nicht hätte.“)

Und als ob es nicht genügt, auch die Piraten geben zeitgleich ihr Thesenpapier „Die zehn wichtigsten Punkte einer Urheberrechtsreform“ heraus und stellen dabei insbesondere die Rechte der „Nutzer“ und „Kreativen“ in den Vordergrund. Vom BVMI liegt dazu noch keine Stellungnahme vor. Gegenüber dem SPD-Papier ist das der Piraten sehr viel stärker auf konkrete Situationen bezogen. 

Der Deutsche Kulturrat ruft dagegen auf „Für kulturelle Vielfalt im Internet“ und fordert etwas ungefähr ein starkes Urheberrecht. Zu den Erstunterzeichnern gehören unter anderem Theo Geißler, Andreas Kolb (seitens der nmz), Monika Griefahn, Graf Rupert Strachwitz, Cornelia Pieper und viele andere wie Agnes Krumwiede. (Liste aller Unterzeichner - zur Zeit 276 507.)

Diese widmet sich abends als Moderatorin innerhalb der die Böll-Stiftung in einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung in Berlin dem gleichen Thema: „© 2012 ff. Podiumsdiskussion“: „Die öffentliche Diskussion um das zukünftige Urheberrecht ist geprägt von Missverständnissen, Emotionen und „...hart gefährlichem Halbwissen“, so der Musiker Jan Delay im Magazin Der Spiegel16/2012. Dabei sehen wir eine Netzgemeinde, die ein liberales Urheberrecht propagiert und trotzdem nicht einfach alles umsonst herunter laden will und eine Kreativszene, die den Schutz ihrer Rechte einfordert, ohne die Bürgerrechte anderer beschneiden zu wollen. Ein wirklicher Dialog zwischen beiden kann nur dann auf Augenhöhe stattfinden, wenn sie ohne Vorurteile und fern ab populistischer Klischees miteinander reden.“ Wie man sich verständigen kann, will man an diesem Abend klären.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!