Seit September können Leipziger Schüler in der «Modern Music School» lernen, was einen guten DJ ausmacht. «Scratchen» steht jedoch nicht an erster Stelle im Lehrplan. Zuerst müssen sich die künftigen DJ's Grundsätzliches über Musik und Technik aneignen.
Leipzig (ddp-lsc). In seiner mittlerweile dritten DJ-Unterrichtsstunde steht Tim an den Plattentellern und zählt. Mit beiden Händen versucht er, dem schnellen Takt des Liedes zu folgen. Spätestens als der einsetzende Gesang die Elektro-Bässe übertönt, schüttelt der 24-Jährige jedoch den Kopf. Er ist schon wieder aus dem Konzept gekommen. «Wir versuchen, uns in Präzision zu üben», erläutert Lehrer Robert Mechs die Übung. Der 26-Jährige ist DJ-Dozent an der «VibrA School of DJing» in Leipzig, der dritten Einrichtung dieser Art in Sachsen.
Sie gehört zur «Modern Music School» in Leipzig, die Anfang September neben dem Gitarren- und Schlagzeugunterricht die Ausbildung im «DJing» in ihr Repertoire aufgenommen hat. Seitdem kommen 13 Schüler einmal pro Woche zu Mechs. Sie wollen lernen, was einen guten DJ ausmacht. Mechs macht Tim und dessen Mitschülern dabei zunächst klar, dass nicht das «Scratchen» - die Finger-Akrobatik auf den Plattentellern - am Beginn der Ausbildung steht. «Erst muss Grundsätzliches über Musik und Technik erlernt werden», sagt er.
«Um einzelne Lieder richtig zu mischen, muss man die Struktur der Titel verstehen», betont der 26-Jährige. Deswegen sei die Schulung des Gehörs anfangs sehr wichtig. Außerdem müssten die Schüler wissen, wie man mit der Technik umgeht. «Man kann sich nicht darauf verlassen, dass Discos einen Techniker haben», sagt Mechs.
Deswegen greift Tim in seiner Übungsstunde auch erst einmal in das Kabelsortiment. Dozent Mechs möchte von ihm die Art des Kabels, die verschiedenen Ausgänge und die genauen Bezeichnungen wissen. Doch Tim, der seit zwei Jahren hobbymäßig das «DJing» betreibt, muss passen. Das muss er noch lernen, aber auch deswegen ist er ja hier. «Ich will erreichen, dass meine Musik technisch besser klingt», sagt der 24-Jährige. Gleichzeitig solle ihm der Unterricht helfen, sich professioneller mit dem Musikmachen an den Plattentellern auseinanderzusetzen. Denn sein Ziel sei es, gelegentlich selbst in Diskotheken aufzulegen.
Das hat ihm Dozent Mechs voraus. Seit sieben Jahren ist er als DJ unterwegs. Beigebracht hat er sich sein Handwerk selbst. Ein Widerspruch zu seiner Dozententätigkeit? Mechs findet das nicht: «Man kann sich viel Theorie selbst anlesen, doch um sie präzise anzuwenden, muss man sich über Jahre damit beschäftigen.» Da sei es von Vorteil, das Wissen komprimiert im Unterricht zu erhalten. Außerdem schlichen sich bei den Autodidakten kleine Fehler ein, die er als Lehrer nun korrigieren könne. Mal sei es die Handstellung, mal die Pose vor dem Plattenspieler oder die korrekte Handhabung der Nadel.
Die Plattenteller könnten dabei durchaus als Musikinstrument bezeichnet werden, sagt die Leipziger Musikwissenschaftlerin Tatjana Mehner. Wo sie zum Musikmachen eingesetzt werden, seien sie Instrumente. Das entspricht auch der Philosophie der «Modern Music School». Das «DJing» sei eine musikalische Alternative für Jugendliche, sagt deren Leiter Ike Biedermann und müsse dabei den Vergleich mit Gitarre oder Schlagzeug nicht scheuen. «Die Plattenteller stehen gleichberechtigt neben anderen Musikinstrumenten», betont Biedermann.