Vor einer Woche haben wir in unserem Newsletter, auf Twitter und auf Facebook unsere Leser*innen gebeten, an einer Umfrage teilzunehmen, wie es um ihre Freude an Musik- und Theaterbesuchen aktuell bestellt sei. Die Umfrage ist beendet, die Ergebnisse liegen vor. Kurz gesagt: Musik- und Theaterbesuche bereiten aktuell Sorge und scheinen auch organisatorische Probleme zu zeitigen.
Das Sample
Natürlich ist das Sample der Teilnehmer*innen nicht besonders groß mit 69 Personen. Allerdings wurden die auch nur über unsere eigenen Kanäle zur Teilnahme animiert, also über Twitter, Facebook und den Newsletter der nmz über die wir eigentlich theoretisch circa 13.000 Personen (abzüglich Doppelungen) erreichen könnten. Wir haben absichtlich die Schwelle zum Abstimmen auch niedrig gehalten und keine personenbezogenen Daten erhoben wie Alter und Geschlecht, Beruf etc. Damit stellt diese Umfrage eine Tendenz unter unseren engagiertesten Leser*innen dar für den Zeitraum der Umfrage vom 24.1. bis 30.1.2022.
Die Antworten
Jede*r vierte Teilnehmer*in an der Umfrage möchte zurzeit nicht mit fremden Menschen in einem Raum sitzen (27,5%), ebenso hat knapp jede*r vierte Teilnehmer*in keine Freude am Besuch, weil ihnen die Auflagen die Freude an der Kunst verdrießt (24,7%). Ähnlich hoch ist die Angst unter den Teilnehmer*innen, sich bei dieser Gelegenheit an einer Krankheit anzustecken (23,2%). Mehr als jedem fünften Teilnehmer ist aktuell zudem die Freude dahin, weil man nicht wisse, ob die Veranstaltungen auch wirklich stattfinden (21,8%).
Nur bei 17,4% ist alles vom Gefühl her wie immer. Der aktuelle mit Veranstaltungen verbundene Aufwand ist immerhin auch 14,5% der Teilnehmer*innen zu hoch. Mehr als jede*r zehnte Teilnehmer*in würde gerne in Veranstaltungen gehen, bekommt aber keine Karten! Auf Streaming-Angebote als Ersatz zählen nur knapp 5,8% der Teilnehmer*innen.
Sondervoten
Wir hatten den Teilnehmer*innen die Möglichkeit eingeräumt, auch eigene Antworten auszudrücken. Hier die Antworten in der Reihenfolge des Eingangs.
- Meine eigene …-Tournee wurde kurz vor Weihnachten abgesagt … und momentan überwiegt meine Erleichterung darüber
- Ich halte den Satz "impfen schützt die Kultur "für Nonsens
- Veranstalter kommunizieren nicht klar, inwieweit Abstand gehalten werden kann. Das wäre aber Voraussetzung, damit ich mich leidlich sicher fühlen kann.
- Ich sehe in der Pandemie generell von Veranstaltungen ab!
- zusätzlicher Aufwand mit Babysitterin, die selbst Erzieherin ist, also auch Gefahr zu hoch
- Genau wie immer, aber die Freude ist nicht so entspannt
- Tendenz: wie immer, aber mit einem gewissen Unbehagen
- Ffp2 Pflicht verdrießt es
- Gehe gerne, WENN Abstand und Maskenpflicht. Muss jetzt noch sein. Abstand erfordert aber nicht die Begrenzung auf max 25% Auslastung, 50% müssten es schon sein!!!
- Macht mir weniger Freude wegen der Maskenpflicht
Auswertung
Die Tendenz ist offensichtlich: Ein Veranstaltungsbesuch birgt für viele aus unserem Teilnahme-Sample einfach aktuell viel Gefahr (Ansteckung und soziale und physische Nähe werden als unangenehm empfunden). Ebenso deutlich ausgeprägt ist aber das Gefühl, dass die Auflagen, die mit Veranstaltungen aktuell verbunden sind, Vergnügen bei der Wahrnehmung von Kunst deutlich einschränkt. Etwas weniger problematisch, aber deutlich wahrnehmbar ist das Problem, dass man wegen Platzmangel nicht an Karten komme oder häufig nicht sicher sein könne, ob die gewünschte Veranstaltung auch wirklich stattfindet. Für Städter dürfte das weniger ein Problem sein als für Menschen, die extra anreisen müssen und damit Vorlauf zu planen haben (Bahnkarten, Hotels etc.). Für nur etwa jede*n Fünfte*n ist der Freudefaktor aktuell wie bisher (aber im Einzelfall wurde ergänzt, das es nicht mehr so entspannt sei oder die Freude doch gedämpft). Streaming-Angebote werden jedenfalls nicht als akzeptabler Ersatz angesehen. Ob das an Mangel oder Machart liegt, muss man offenlassen.
Diskussion
Wenn wir jetzt im Revolverblattstil arbeiten würden, wäre unsere Schlagzeile: Deutsche leiden unter Konzertangst. Tatsache scheint aber zu sein, dass die aktuellen Unsicherheiten in Sachen Coronapandemie (Erkrankung) und Planungssicherheit enorm sind und das Konzert- und Theaterleben momentan deutlich beeinträchtigen. Die Frage, die Musik- und Theaterveranstalter meines Erachtens in aller erster Linie haben, ist: Wie kann ich zugleich technisch sichere und vergnügliche Veranstaltungen garantieren. Und wie kann ich es schaffen, dass auch physische Nähe wieder möglich wird. Vielleicht ist sie auch sonst ohnehin nicht der Traum der Veranstaltungsbesucher*innen. Dazu ist ein zusätzliches Statement eines Teilnehmenden aufschlussreich: „Veranstalter kommunizieren nicht klar, inwieweit Abstand gehalten werden kann. Das wäre aber Voraussetzung, damit ich mich leidlich sicher fühlen kann.“ Das heißt, der Besuch einer Veranstaltung wird auch daran geknüpft, wie gut die Besuchenden darauf verlassen können, welche Regelung gelten wird. Jemand, der die Maskenpflicht für unbedingt nötig hält, dürfte unglücklich sein, wenn diese dann zum Veranstaltungszeitpunkt gefallen sein sollte.
Es sind also zwei Punkte, die aktuell Probleme bereiten: Erstens: Die Frage der persönlichen Sicherheit der Veranstaltungsbesucher*innen und zweitens: Wie die Veranstalter*innen selbst Hygiene-Regelungen und Terminunsicherheiten nach außen kommunizieren.
Live ist sicher gut, aber wohl nicht so sehr, dass man zugleich eng an eng mit fremden Menschen zusammensitzen möchte. Anders als bei Tanzlustbarkeiten wahrscheinlich.