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Titelseite der nmz 2014/06.
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Theo Geißler über das geplante Unfreihandelsabkommen und die Kultur
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So könnte es losgehen: CNN, Fox und weitere private Ami-Sender verklagen vor einem privaten Schiedsgericht die Bundesrepublik Deutschland auf einige Milliarden Euro Schadensersatz, weil hierzulande Anstalten des öffentlichen Rechtes – zum Beispiel ARD und ZDF – konkurrenzverzerrend staatlich „subventioniert“ werden. Nach Inkrafttreten des transatlantischen Freihandelsabkommens (TTIP) gewinnen sie natürlich das Verfahren. Einspruch ist nicht möglich. Samt Musikantenstadl, Tatort und Klangkörpern verschwinden unsere elektronischen Informations-, Jux- und gelegentlich auch Kultur-Kanäle vom Markt. Ihre Produktionsstätten kaufen einschlägige Heuschrecken-Investoren für Äpfel und Eier: Es entstehen herrliche Dschungel-Camps, Erotik-Container und Fightclub-Arenen als neue Euro-Vision.

Doch weiter: Google erstreitet auf nämlichem Weg die Schließung öffentlich geförderter Bibliotheken und Info-Portale im Web – Schluss mit MIZ & Co. Private US-Music-Entertainment-Companies kümmern sich um den Förder-Stopp für Opern-Ensembles, Orchester und Musikfestivals auf kommunaler, Landes- und Bundesebene. Sie gründen tarifvertragsfreie Ad-Hoc-Formationen, die je nach Auftrag die entleerten Kultur-Locations mit Pop, volkstümlicher Musik, Musical – und bei entsprechender Nachfrage auch mal mit Klassik – bespielen.

Bürokratisch aufwändige Verwertungsgesellschaften (GEMA, GVL etc.) sind überflüssig geworden, weil an die Stelle des europäischen autorenbezogenen Urheberrechtes das schlichte und deshalb ökonomisch sinnvolle anglo-amerikanische Voll-Buy-Out trat. Die American Universal University of Arts, sponsored by Smith & Wesson and General Electrics, erwirkt die Schließung von 24 deutschen Musikhochschulen  (deren Existenz mangels künftiger Arbeitsplätze ohnedies überflüssig geworden ist).  Flächendeckende musikpädagogische Vollversorgung wird durch Webinare (mit dem Gütesigel der Juilliard-School)  und private „Allmusic-Teaching-Center“ nach McDonalds-Franchise-Geschäftsmodell auf Basis nachfragebasierter Instrumenten-Auswahl garantiert. Dienstleistung als Trägermedium gesunden Kapitals findet Aufnahme ins Grundgesetz.

Alles Schwarzmalerei und plumpe Science Fiction? Was da als „Frei“-Handelsabkommen von namenlosen Europäern ungewisser Kompetenz und Amerikanern mit klarer Interessenlage hinter dichten Vorhängen verhandelt wird, birgt all die vorgenannten, anscheinend absurden Gefahren für unser Kulturleben – und noch viel weitreichendere für unsere Demokratie (siehe Leitartikel von Monika Grütters rechts). Die Kulturstaatsministerin kämpft mittlerweile engagiert für die Herausnahme von Medien, Kultur und Bildung aus dem TTIP-Konvolut. Ob ihr das angesichts des Merkel’schen Ökonomisierungstriebes gelingt?

Beim Auktionshaus „Christie’s“ ging gerade Mendelssohns Original-Lied-Handschrift von „Des Menschen Herz ist ein Schacht“ gegen 60.000 Silberlinge über die Spekulanten-Rampe. Vielleicht hat der Komponist (oder der amerikanische Käufer?) früh geahnt, dass demnächst wieder eine Endlagerstätte für die „Kulturnation Deutschland“ vonnöten ist. Feinen Profit wünscht:
 

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