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Ray M. Wade als Salavator Rosa in Braunschweig. Foto: Staatstheater Braunschweig/Christian Bort
Ray M. Wade als Salavator Rosa in Braunschweig. Foto: Staatstheater Braunschweig/Christian Bort
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Befreiungskampf und Liebe: Antônio Carlos Gomes' „Salvator Rosa“ in Braunschweig

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Liebe und Revolution, das sind die wichtigsten Ingredienzien des Librettos von Antonio Ghislanzoni für die Künstler-Oper „Salvator Rosa“ des brasilianischen Komponisten Antônio Carlos Gomes aus dem Jahr 1874. Der Exotismus lag damals in der Luft (Gomes nutzte dies bei seinem ersten in Italien geschriebenen Bühnenwerk, der Urwald- und Indianeroper „Il Guarany“) und die Thematik Befreiungskampf/Revolution stand nicht nur in Lateinamerika fortdauernd auf der Tagesordnung.

Italien war noch nicht vollständig geeint und erst wenige Jahre zuvor war die Herrschaft der spanischen Bourbonen im „Königreich beider Sizilien“ durch einen revolutionär-patriotischen Handstreich des Milizenführers Garibaldi beendet worden.

Die Vorbereitungen zu einem Volksaufstand in Neapel, sein Ausbruch und sein Ende durch eine Verhandlungslösung und den Mordanschlag auf den Revolutionsführer geben der Handlung den Rahmen, in deren Zentrum der Maler Salvator Rosa steht. Der Künstler bewegt sich, auch das eine für das 19. Jahrhundert typische Thematik, zwischen den Klassen und Parteien. Sosehr ihm die soziale Frage und das Wohl des Vaterlands am Herzen liegen - noch näher steht diesem Herzen die schöne Isabella, die Tochter des regierenden Herzogs. Dem und seiner Kamarilla verhilft er auf dem Höhepunkt des Aufruhrs zur Flucht. Aber Isabella wird nicht die Seine - mit harter Hand sucht der Vater, seine Heiratspläne für sie durchzusetzen. Er läßt sie ins Kloster stecken und treibt sie zum Selbstmord.

Der 1836 bei São Paulo geborene A.C. Gomes war der erste südamerikanische Komponist auf internationalem Parkett (eine seiner Großmütter stammte aus dem Stamm der Guaraní). Er reüssierte schon als Student mit einer heiteren Oper am Nationaltheater von Rio de Janeiro, kam dann mit einem Stipendium des brasilianischen Kaisers Pedro II. nach Italien. In Mailand wurde man durch zwei Neujahrs-Revuen auf ihn aufmerksam und 1870 hatte er an der Scala mit der nach verwunschenem Silber schürfenden, in den Urwald und zu Indianerkämpfen schweifenden Oper „Il Guarany“ sensationellen Erfolg (sie wurde 1994 mit Hilfe des Regisseurs Werner Herzog und das als Indianerhäuptlings auftretenden Placido Domingo erstmals nach Deutschland geholt und in Bonn präsentiert).

Der frühere Bonner Dramaturg Jens Neundorf von Enzberg erinnerte sich jetzt als Operndirektor in Braunschweig an Gomes und daran, dass dieser, bevor er wieder nach Brasilien zurückging (und 1896 dort starb), zumindest noch eine weitere Oper schrieb, die bei und nach der Uraufführung 1874 in Genua als Sensation gefeiert wurde: „Salvator Rosa“.

Das in wenig komfortablem Zustand bei Ricordi lagernde Notenmaterial wurde aufbereitet und die Künstler- und Revolutionsoper jetzt am Staatstheater Braunschweig als Erstaufführung herausgebracht. Der Vergleich zu den mittleren Opern Giuseppe Verdis drängte sich von vorn bis hinten auf, wobei sich dann aber doch einige Eigenheiten von Gomes herausschälten und die Erkenntnis, daß der Großmeister der italienischen Oper dem etwas jüngeren Kollegen durch die Weiterentwicklung seiner stilistischen Mittel allemal eine Nasenklänge voraus blieb, wodurch sich der fortdauernde Erfolg der Verdischen Werke und das Sinken des Sterns von Gomes erklärt.

Das Erscheinen von „Salvator Rosa“ auf der Bühne verblüfft und begeistert. Bemerkenswert ist, wie sehr diese Oper das Vorbild von Puccinis „Tosca“ darstellt - bis hin zu den Kanonenschlägen -, und wie geschickt Gomes die effektivsten Bausteine der Verdischen Kompositionsmethode sich anverwandelte, um die Thematik des Künstlers in Zeiten des Umbruchs musikalisch zu nobilitieren. Das Staatstheater Braunschweig bietet ein insgesamt leistungsfähiges und überwiegend junges Sängerensemble auf: der Titelpartie verleiht Ray M. Wade ohne Presswehen den nötigen Nachdruck und repräsentiert den arrivierten Großkünstler gemessen. Dae-Bum Lee profiliert sich mit kalter Brillanz als fieser Herzog und herzloser Gegenspieler, Mária Porubčinová sorgt in den Klosterszenen für anrührende Momente. Als Protagonist der „revolutionären Massen“ erinnert Malte Roesner mit seinem geschmeidigen Bariton eher an Andreas Baader als an Garibaldi.

Uwe Schwarz inszenierte die emphatische und tragische Geschichte des Malers Rosa in einem Atelier, in dem an riesigen Leinwänden mit Bildern von Caravaggio, David und Delacroix herumgemalt wird, insbesondere an jenem berühmten Salon-Stück, das Marianne mit Trikolore und entblößter Brust zeigt: „La libertà guida il popolo“. Diesen Raum besetzt auch der Herzog mit seinen Militärs und in ihm besten die frommen Schwestern, vollzieht sich das finale Unheil. Alles in allem ein dekorativer, aber nicht allzu aufwendiger Rahmen für die Musik, die in diesem Fall als die Hauptsache auf den Prüfstand kam und für deren Weiterleben die Arbeit von Georg Menskes mit dem Staatsorchester das lebhafteste Plädoyer entwickelte.

Gegenüber der vor einem Jahr an der Deutschen Oper Berlin reanimierten „Marie Victoire“ von Ottorino Respighi erscheint „Salvator Rosa“ als das ungleich gelungenere Werk. Und mit einer anderen politischen Tendenz: bei Respighi triumphiert die Restauration, bei Gomes endet der Aufstand - wie so oft in der Geschichte - mit Verhandlungen, Normalisierung, Terror der vorübergehend entmachteten alten Herren und Resignation bei den Idealisten des Menschheitsfortschritts.

 

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