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Bandleader Sebastian Sternal. Foto: Stefan Pieper
Bandleader Sebastian Sternal. Foto: Stefan Pieper
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Bigband meets Streichquartett: Sebastian Sternals „Symphonic Society“

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Sebastian Sternals Symphonic Society will kein elitärer, abgeschlossener Club sein. So spiele dieser Titel doch einfach nur auf „die Idee des Sinfonischen als Kompositionsprinzip“ an. Sagt der Bandleader, der in seine großformatigen Arrangements ein klassisches Streichquartett einbezieht. Die vielfältigen Schnittstellen zwischen zeitgenössischem Bigbandjazz und moderner Kammermusik sowie zwischen Jazztrio, zusätzlichen Bläsersections und einem erstaunlich wandelbar aufspielenden Streichquartett sind ausgesprochen durchlässig. Dies demonstriert die gleichnamige aktuelle CD und ihre vielbeachteten Konzert auf einer im Oktober begonnenen Live-Tournee. Nach einem Start im Kölner Stadtgarten forderten sie ihr Publikum im Osnabrücker Jazzclub Blue Note zum intensiven Hörabenteuer heraus.

Eine neue Erfahrung für alle Beteiligten ist die Einbeziehung eines klassischen Streichquartetts. Erik, Lisa und Mark Schumann sowie die Bratschistin Ayako Goto kommen aus Düsseldorf und beweisen innerhalb der „Sinfonic Society“ einen erstaunlichen Blick weit über den Tellerrand der „E-Musik“ hinaus. Erik Schumann findet diese Konfrontation sehr spannend, wie er einräumt:  „Es fordert uns als klassisches Ensemble heraus, hier mit improvisierenden Musikern zusammen zu spielen. In der Klassik ist ja so viel davon verloren gegangen. Das war zu Joseph Haydns Zeit noch ganz anders.“ Sebastian Sternal, der an unter anderem an der Kölner Musikhochschule lehrt, war auf jeden Fall sofort von den Düsseldorfern begeistert: „Wir haben uns an der Musikhochschule kennen gelernt. Ich erkenne eine ungeheuren Musikalität bei diesem Quartett. Sie haben es hier wirklich raus, an der richtigen Stelle das richtige zu spielen.“

Die fabelhafte Klangkultur und stilistische Wendigkeit, mit der die vier jungen Streicher die fantasie-gesättigten kompositorischen Ideen des Bandleaders aufgreifen, zeugt von der künstlerischen Güte dieses Quartetts, welches unlängst beim Alban Berg Quartett in die Lehre ging. Erik Schumann arbeitet darüber hinaus mit Matthias Pintscher zusammen.

Hinzu kommt in der Society das unbestechliche Pablo-Held-Trio, außerdem Christoph Möckel und Nils Klein an den Saxofonen sowie Frederik Köster an der Trompete und der Posaunist Klaus Heidenreich – allesamt selbstbewusste, junge Vollprofis aus der Kölner Jazzszene. 

Sebastian Sternal: „Ich würde schon sagen, dass wir eine gemeinsame Klangvision haben. Wir verstehen uns schon auf die Jazzhistorie, aber pflegen einen sehr freien Umgang damit. Eine große Inspirationsquelle für mich ist vor allem das aktuelle Wayne Shorter Quartett. Aber es kann auch ganz was anderes eine Rolle spielen, etwa der Indiepop von Radiohead. Der Kölner Sound, wie wir ihn ja gemeinsam hier prägen, ist eine Spur traditioneller gedacht als viele Berliner Bands, die noch stärker ins Atonale hineingehen, also von harmonischen Strukturen losgelöster sind.“

Es war vor allem ein soeben absolviertes Kompositionsstudium in Frankreich, das die Ohren für klassische Sinfonik und für Streichquartett-Kammermusik öffnete: „Die Idee für dieses Projekt entwickelte sich hier. Vieles habe ich meinem dortigen Lehrer Francois Théberge am Conservatoire national zu verdanken. Der hat mir viele Kontakte zu Streichquartetten vermittelt. Und ich habe sehr viele Sachen analysiert. Vor allem aber konnte ich mit dem dortigen Sinfonieorchester sehr viel ausprobieren.“ Lachen ergänzt Sternal: „Ich habe damit also am lebenden Objekt geforscht.“

Ein anderes Schlüsselerlebnis hatte Sebastian Sternal, als er im WDR-Funkhaus die  Band von Vince Mendoza mit Streichquartett hörte: „Ich hatte bislang nie ein Streichquartett in einer Jazz-Formation  gehört. Jetzt dachte ich, dass dies genau das ideale Klanggewand für meine Kompositionen ist.“

Er bekam den WDR-Jazzpreis, wie die meisten seiner Mitstreiter. Die gerade laufende Konzerttournee erfährt Unterstützung durch die Kunststiftung NRW, das Land NRW sowie die Stadt Köln. Der Bandleader betont, wie wichtig solche Förderungen sind, um überhaupt mit so vielen Musikern eine Tour zu stemmen, um wahrgenommen zu werden. „Ich bin total dankbar dafür.“

Dafür wollen die Musiker ihr Können und Wissen auch gerne weiter geben. Also veranstalten sie nach dem Gig in Osnabrück am Morgen danach mal eben einen Workshop am Institut für Musik der Universität. Und Sebastian Sternal fühlt sich beim Label Traumton richtig angekommen und erteilt vor allem der Betreuung durch Steffi Marcus in Berlin ein dickes Lob: „Da steckt richtig Herzblut drin, wenn Steffi erst mal für ein Projekt Feuer gefangen hat. Man merkt, dass sie Musik liebt.“

Aktuelle CD
Sebastian Sternal: Sternal Symphonic Society
Traumton 4573

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