Berlin - Regisseur Christoph Hagel bereichert das hauptstädtische Kulturleben jetzt wieder mit einer ungewöhnlichen Opern-Inszenierung. Nachdem vor einem Jahr Mozarts «Zauberflöte» in der U-Bahnhof-Station Bundestag für Furore gesorgt hat, wird nun die Seitensprung-Oper «Cosi fan tutte» im einstigen Berliner Technotempel «ewerk» zu erleben sein. Dort hat Christoph Hagel, der für spektakuläre Inszenierungen bekannt ist, bereits vor zwölf Jahren «Don Giovanni» mit Katharina Thalbach auf die Bühne gebracht. Premiere von «Cosi fan tutte» ist am 18. November.
Hagel inszeniert den über 200 Jahre alten Mozart-Text als eine Fernsehshow, deren «dramaturgisches Moment in der Wahrscheinlichkeit des Fremdgehens» liegt. «Es handelt sich um eine turbulente Komödie auf einer Drehscheibe», beschreibt der 50-Jährige sein neuestes Projekt, für das er den TV-Moderator Alfred Biolek («Alfredissimo», «Boulevard Bio») gewinnen konnte. Der 75-Jährige gibt in der Fernsehshow-Inszenierung den Moderator wie im richtigen Leben - allerdings spielt er die Rolle mit vorgegebenem Text. Dabei profitiert Biolek Hagel zufolge natürlich von seiner jahrzehntelangen Erfahrung in diesem Metier.
Biolek hatte schon Hagels vorherige Opern gesehen und war begeistert gewesen. Als Hagel ihn fragte, ob er bei «Cosi fan tutte» mitmachen würde, überlegte er nicht lange. Vor allem beeindruckt den Opern-Fan Biolek das hohe musikalische Niveau des Projektes. «Die Sänger sind super gecastet», lobt er Hagel, der sich freut: «Großartig, dass sich Alfred auf so etwas Verrücktes eingelassen hat.»
Ihm mache seine Moderatoren-Rolle großen Spaß und auch die Arbeit mit dem Team, sagt Biolek. So viel, dass er das Team am Sonntagabend zu einem seiner legendären Menüs zu sich nach Hause eingeladen habe.
Die Drehscheibe für die zweieinhalb Stunden lange Oper im Fernsehshow-Format ist die Bühne. Der vordere Teil sei das glamouröse Fernsehstudio, in dem die Show spiele, erläutert Bühnenbildner Marcel Kaskeline. Der funkelnde Hintergrund aus Spiegeln ist fast sechs Meter hoch. Leuchtende Farben unterstreichen die schillernde Show-Welt. Die Rückansicht der Bühne sei die «nackte Konstruktion», sagt Kaskeline. «Denn dort werden die Intrigen geschmiedet und die Deals geschlossen.»
Das «ewerk» mit seiner Industriearchitektur eigne sich hervorragend für das Opern-Projekt, schwärmt Hagel. Zudem könne die Öffentlichkeit wieder einmal Deutschlands ältesten erhaltenen Kraftwerksbau in der Zimmerstraße in Mitte erleben, der ansonsten nur für spezielle Medienevents geöffnet wird. Auch die Akustik sei sehr gut. Verstärkt werden müsse «nur die Zartheit der Dialoge», sagt Hagel. Sänger und die Berliner Symphoniker blieben unverstärkt.
Große Erfolge feierte der Regisseur auch schon im Berliner Bode-Museum. Dort begeisterte er das Publikum mit Mozarts erster Oper «Apollo und Hyacinth» sowie Haydns Oper «Orpheus und Eurydike», die beide auf einem Laufsteg in der Basilika des Museums aufgeführt wurden. Bereits vor zehn Jahren sahen fast 60 000 Zuschauer den von ihm produzierten «Zirkus um Zauberflöte» in der Inszenierung von George Tabori im Zirkus Roncalli.