Hauptbild
Michael Wollny mit einer eigenen Komposition. Foto: Hufner
Michael Wollny mit einer eigenen Komposition. Foto: Hufner
Hauptrubrik
Banner Full-Size

Björk, Barber, Debussy – Michael Wollnys Jazz-Liaison

Publikationsdatum
Body

Michael Wollny schrecken Grenzen nicht ab – im Gegenteil. In seinem neuen Album geht Deutschlands zurzeit erfolgreichster Jazzmusiker dabei ziemlich weit.

Ein Pianist und ein Akkordeonspieler treffen sich in einem Pariser Jazz-Club, verständigen sich schnell über Vorlieben und Vorbilder, improvisieren gemeinsam und verabreden sich für ein paar

Auftritte: Michael Wollny und Vincent Peirani, der Deutsche am Piano und der Franzose am Akkordeon, entdecken auf ihrer CD „Tandem“ gemeinsame Wahlverwandtschaften. Björk, Samuel Barber, Claude Debussy – in diesem deutsch-französischen Rendezvous sind die Grenzen zwischen Jazz und Klassik fließend.

Wollny, siebenfacher Echo-Preisträger, ist eine Ausnahmeerscheinung im deutschen Jazz. Mit seiner CD „Weltentraum“ landete er 2014 in den Top 50 der Albumcharts. Der Pianist, der an der Leipziger Musikhochschule unterrichtet, setzt sich locker über Genres hinweg.

Kompositionen von Paul Hindemith oder Alban Berg stellt Wollny ungeniert neben Pop- und Soundtrack-Zitaten. „Ich bin nicht festgelegt auf einzelne Klangfarben“, sagt er. Der 38-Jährige versieht seine musikalischen Ambitionen mit schwebender Leichtigkeit, Schablonen von U- und E-Musik passen auf Wollnys Spiel nicht.

Vor fast 20 Jahren schaffte er den Durchbruch im Duo mit dem Saxofon-Veteranen Heinz Sauer, spielte im Trio [em] mit Eva Kruse (Bass) und Eric Schaefer (Schlagzeug) und mit anderen Großen des Genres. Das Solo-Album „Hexentanz“ (2007) klang nach dem Soundtrack von Gruselfilmen mit Anleihen an Franz Schubert und Björk.

Jetzt haben sich Wollny und Vicent Peirani zusammengefunden. Der 36-Jährige gehört in Frankreich zu den angesagten Jazzmusikern. Das Duo hat Melodien und Songs zu fast intimer Kammermusik verwoben. „Das hat am Anfang so gut geklappt, dass wir uns sofort entschieden, etwas gemeinsam zu machen“, sagt Wollny. „Das war kein kalkuliertes Produkt.“

Das Zusammenspiel habe ihn sehr gereizt. „Das Akkordeon ist wie das Klavier ein Tasteninstrument und Vincent kann darauf mit Registern, Mixturen und Farben Klangvariationen erzeugen, die ein Klavier nicht hat.“ Vincent, sagt Wollny, „spielt eigentlich nicht nur sein Instrument, sondern ein ganzes Orchester“.

Gleich zu Beginn führen Wollny und Peirani mit Andreas Schaerers „Song yet untitled“ in die Klangwelt der CD ein – ein Hauch Brasilien, etwas Satie.

Wer weiter hören will, kann dann über Samuel Barbers Adagio für Streicher gleiten, sich mit der Version von Björks „Hunter“ anfreunden, dann mit Peiranis Akkordeon den Bass in Gary Peacocks „Vignette“ nachspüren oder den Tango-Remniszensen „Travesuras“ des argentinischen Gitarristen Tomás Gubitsch.

So beschreibt „Tandem“ dieses deutsch-französische Projekt ziemlich genau. Wer vorne sitzt, sagt Wollny, ist dabei nicht klar. Und am Ende auch völlig egal.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!