Zum dritten Mal fand das Jazzfest München mit Unterstützung des Kulturreferats der Landeshauptstadt in der Black Box des Kulturzentrums am Gasteig statt. Für die 23. Ausgabe ihres Selbstdarstellungs-Festivals hatte JIM, die Jazzmusiker-Initiative München, das Motto „blind date“ ausgegeben.
Zwar kam es an drei Tagen zu zahlreichen Begegnungen zwischen Münchener und auswärtigen Musikern, oft geriet die auch zur „Herzensangelegenheit“, wie Programmgestalter Andy Lutter sich das erhofft hatte. Doch „zuvor noch nie gemeinsam auf einer Bühne“ hatten längst nicht alle gestanden. Was beileibe ja auch kein Schaden sein und muss und auch nicht war.
Den Auftakt machte die „Bundesjazzwerkstatt“. In dieser Projekt-Band fanden zum dritten Mal sechs wechselnde Musiker aus sechs Musikerinitiativen zusammen, die vorher nicht miteinander gespielt hatten. Das Sextett präsentierte sich erstaunlich geschlossen, wohl auch deshalb, weil dem Münchener Auftritt andere Konzerte vorausgegangen waren. Unter der Leitung des Münchener Gitarristen Geoff Goodman spielten die Mannheimer Altsaxophonistin Alexandra Lehmler, der Hamburger Trompeter Benny Brown, der Dresdener Pianist Bruno Böhmer-Camacho mit Bassist Oliver Lutz aus Köln und Schlagzeuger Simon Camatta aus Essen Kompositionen der Mitwirkenden. Spannende Musik u. a. von Lehmler und Goodman, insgesamt eher getragen, mal auch orientalisch angehaucht.
Mit „Ochsenbauer meets Sokal“ traf der junge Münchner Bassist (wieder) auf den lang erprobten Wiener Tenorsaxophonisten Harry Sokal, um mit Tizian Jost am Flügel und Mario Gonzi an den Drums Kompositionen von Bassisten zu spielen. So gab es wunderbare Stücke u. a. von Mingus, Pettiford und McClure (wieder) zu entdecken – in vor allem vom eingespielten Duo Sokal-Gonzi energetisch angetriebenen Versionen.
Auch aus der Schweiz kamen bedeutende musikalische Gäste: Unter dem Titel „Mr. Defunkt meets the Doran Bros., Walton und Hornstein“ kam es zu einer auch nicht rundum neuen, aber nicht minder faszinierenden Begegnung. Denn der Posaunist Joseph Bowie stößt immer wieder einmal zum Duo „XL Target“ von Dave und Christy Doran, das dichtes groovendes Schlagzeugspiel mit Samples, Programming und avantgardistischen oder auch melodischen Gitarrenklängen verbindet (CD „xl target“, Unit Records UTR 4299). Mit den Münchener Gästen Raoul Walton am E-Bass und Michael Hornstein am Altsaxophon entwickelte sich ein blutvoller dynamischer Prozess, der nicht nur den Musikern Spaß machte.
Eine wirklich großartige Begegnung ganz anderer Art fand am letzten Abend unter dem Titel „Calling Planet Munich“ statt. Hier widmeten sich die Ad-hoc-Band „Space Elephants“ (Leszek Zadlo, Markus Heinze, Götz Liekfeld, Marty Cook und Famadou Kojate) zusammen mit Embryo und der Express Brass Band der Musik von Sun Ra. Embryo-Chef Christian Burchard, meist am Vibraphon, und Posaunist Cook haben ihre ganz eigene persönliche Beziehung zu dem Outer Space-Avantgarde-Jazzer: Der eine hat mit ihm gearbeitet, der andere träumte von einer Mitwirkung in dessen Arkestra. Und Wolfi Schlicks Mannen und Damen haben die Musik von Ra fest im Programm. In wechselnden Besetzungen entstand ein opulentes Spektakel mit verrückten Kostümen und einer Menge mitreißender Musik, eine rundum gelungene Hommage an eine immer noch aufregende Musik.
Das nächste Jazzfest München findet vom 12.-14. Dezember 2013 am Gasteig statt.