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Hoffnungsfrohe Kuratorin des Kölner Winterjazz-Festivals: Angelika Niescier. Foto: Veranstalter
Hoffnungsfrohe Kuratorin des Kölner Winterjazz-Festivals: Angelika Niescier. Foto: Veranstalter
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Das Publikum als Hauptdarsteller: das „Winterjazz“-Festival im Kölner Stadtgarten

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Im Stadtgarten, dem seit drei Jahrzehnten wichtigsten Jazzhaus der Kölner Szene, bewegte sich nichts mehr. Es war einfach zu voll, im Restaurant, im Konzertsaal, im Studio 672 im Keller und auf den Gängen und Treppen dazwischen, obwohl drinnen nicht die Höhner spielten. Drinnen gab es Winterjazz mit 13 Kölner Bands, planmäßig jeweils um 20 Minuten versetzt auf den drei Bühnen, Eintritt frei. Draußen, vor den Eingängen des Hauses, warteten fast so viele Leute wie sich drinnen kaum bewegen konnten. Nur wenn jemand das Haus verließ, wurde wieder jemand eingelassen, so ging das bis tief in die Nacht. Eine gute Gelegenheit, über alte, gut konsolidierte Vorurteile neu nachzudenken, die den Jazz betreffen.

Der Jazz in Deutschland, heißt es seit Jahren landaus, landein, sei in einer schwierigen Situation, sein Publikum verkleinere sich und altere, Musik und Musiker verharrten subventionsabhängig in unbeirrter Publikumsferne. Alles Unsinn.

Winterjazz ist einem New Yorker Format nachempfunden und kein herkömmliches Festival. Es gab nicht die branchenüblichen Tauschbeziehung zwischen Publikum und Bühne – Eintrittsgeld gegen Kunst –, sondern eine Einladung ans Publikum: kommt herbei, flaniert und hört so viel ihr wollt und könnt. Konzerte, das eigentliche Medium des Jazz, gab es hier nur im Ansatz. Es ging eher darum, zu zeigen, dass man da ist und was man macht, wie viele Ideen man auf welch engem Raum konzentrieren kann, wie gut das klingt, was man gerade Neues im Kopf hat.

Der erste Kölner Winterjazz war eine freundliche Überforderung für das Publikum, ein Überangebot, das Neugier auf mehr wecken, aber nicht befriedigen sollte. Es ging darum, wie Kuratorin Angelika Niescier zusammenfasste, „Energien zu bündeln, zusammenzuführen und als Szene Aussagen zu treffen.“ Das ist mit dem Winterjazz in Köln Mitte Januar gelungen. Was nicht gelungen ist, war: ein Angebot zu schaffen, das die Nachfrage übersteigt. Es war deutlich umgekehrt. Und übrigens kann, nach einer nicht-repräsentativen Inaugenscheinnahme des Publikums, von chronischer Publikumsvergreisung nicht im Ansatz die Rede sein.

Gleiches galt auch für die Musiker auf den Bühnen. Die Gründergeneration des Kölner Stadtgartens war als gut integrierter Bestandteil jüngerer Bands vertreten, es dominierten Anfang- und Mittdreißiger, also Musiker, die im zeitgenössischen Jazz allemal noch als „jung“ durchgehen. Die Kölner Szene ist reich an solchen Musikern und Bands, und das musikalische Niveau ist bemerkenswert. Selbst das Kaleidoskop-Konzept des Winterjazz machte die Tatsache eines Kölner Sounds erfahrbar. Das mag damit zusammenhängen, dass seit drei Jahrzehnten von überall her Musiker der Musik wegen nach Köln kommen und seltener aus anderen Gründen.

Sie geraten dort in keinen multi-idiomatischen Melting Pot, sondern in eine ausgeprägte, akademisch fundierte Tradition, die  den kompositorischen Akzent im Jazz betont: Man muss erst einmal einiges aufgesogen haben, um hier mitzuhalten. Das wird niemand bezweifeln, der erlebt hat, wie Gruppen wie Laia Gencs „Liaison Tonique“, Ulla Osters „Chimäre“ oder Agelika Niesciers „Sublim“ selbst im dichtesten Getümmel selbstverständlich auf fein gearbeitetes Material zugreifen. Über Frauen im Kölner Jazz muss ein andermal geschrieben werden.

Das Publikum aber verharrte, in der Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt, geduldig während langwieriger Soundchecks, genoss die Musik und die hoch verdichtete soziale Situation, die die Musik auszulösen vermocht hatte. Es war der Hauptdarsteller dieses Festivals. Es hat die Musiker nachhaltig überrascht. Beim nächsten Mal ist es vielleicht wieder umgekehrt.

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