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Dealer statt Denker

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Synchron – asynchron: Während diese nmz-Ausgabe samt ihrer reichhaltigen Beilage zum interkulturellen Dialog Abonnenten und Handel erreicht, findet in Warschau ein Expertengespräch statt. Der Deutsch-Französische Kulturrat untersucht die Bedingungen künstlerischen Schaffens in der erweiterten Europäischen Union. „Künstler zwischen Glanz und Elend, Gesellschaft und Staat“ lautet der ambitionierte Titel. (Wir werden berichten).
Er macht deutlich, dass elementare interkulturelle Dialog-Notwendigkeiten nicht nur zwischen unterschiedlich ideologisierten und/oder sozialisierten Regionen in mittlerer oder größerer geografischer Ferne bestehen, sondern direkt vor unserer eigenen Haustür oder im örtlichen Orchestergraben.

Seit in Frankreich die Vorstädte brannten, herrscht auch hierzulande eine – von Beschwichtigungs-Versuchen freilich immer noch überlagerte Unruhe. Die Analysten der in den Brunnen gefallenen Kinder zerreden die Ursachen der Verwüstung zum gallischen Sonderfall.

Tun wir doch nicht so, als hätten wir die kulturellen Konsequenzen der von überwiegend wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Überlegungen gelenkten europäischen „Vereinigung“ auch nur annähernd bedacht. Was auf den ersten Blick Handel und Wandel erleichtert, Außengrenzen abpuffert und stabilisiert, grenzt gleichzeitig aus und presst die unterschiedlichsten Zutaten staatlich oder regional vorhandener Realitäten in einen Druckkessel, dessen Wand-Stabilität vom ökonomischen Erfolg definiert wird. Ein Sicherheitsventil fehlt. Der Reaktor wird die zahllosen Ingredienzien schon zum Eintopf zusammenköcheln.

Tja, da hilft keine „Philharmonie der Nationen“, eher verschmiert sie frei von Haftkraft die Bruchstellen im hingepfuschten Euro-Gebäude. Aber: schnell musste es gehen.

Solchem Geschwindigkeitsrausch steht der lange Atem, den kulturelle Bildung, Erfahrung oder gar Annäherung brauchen, im Weg. Deshalb werden Kultur-Menschen, die bei derartigen Prozessen mehr Bedächtigkeit im besten Sinn des Wortes, mehr Nachdenken einfordern, gern als Bremser und Jammerlappen abgetan.

Was wir Feinsinnigen, immer noch gut Geschulten als Reichtum der Vielfalt rühmen, als große europäische Blütenwiese der Künste, ist kulturwirtschaftlich betrachtet längst ein zu vernachlässigender Faktor fernab vom leichter steuerbaren Mainstream.

Und weil wir Europäer im Nachahmen erfolgreicher Konzepte demnächst zu China aufschließen wollen, schleifen wir freiwillig letzte mondial inkompatible Regelwerke wie das euröpäische Urherberrechts-Verständnis. Durch die Hintertür ferner Business-Zentralen importieren die großen Medienkonzerne – und neuerdings zunehmend auch unsere Anstalten des öffentlichen Rechtes – den amerikanischen „Buy-Out“ – dem Komplettaufkauf geistigen Eigentums als finale Ökonomisierung der Kreativität.

Da trifft es sich gut, dass mit Bernd Neumann ein echter Medienexperte aus Bremen das Amt des Kulturstaatsministers im Kanzleramt erklommen hat. Er wird die deutsche Haltung zu dieser Entwicklung schon kompetent in die Welt tragen, leicht gehandicapt durch die Tatsache, dass sein Amt von den wesentlichen außenpolitischen Zuständigkeiten erst mal entlastet wurde.

Synchron – asynchron: Willkommen in der globalen Banlieue, Herr Neumann – und: Bonne Chance.

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