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Drumfree: Wolfgang Muthspiel, Dieter Ilg und Andy Scherrer in der BMW Welt. Foto: Ssirus W. Pakzad
Drumfree: Wolfgang Muthspiel, Dieter Ilg und Andy Scherrer in der BMW Welt. Foto: Ssirus W. Pakzad
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Den Puls gefühlt: Wolfgang Muthspiels „Drumfree Trio“ beim BMW Welt Jazz Award

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„Schade“, seufzt eine Zuhörerin ihrer Sitznachbarin entgegen, als der Gitarrist Wolfgang Muthspiel und seine Mitmusiker nach der Zugabe die Bühne im Doppelkegel der BMW Welt verlassen. „Irgendwie hat man die sonntäglichen Matineekonzerte lieb gewonnen. Jetzt müssen wir wieder bis zum Januar warten.“

Sechs Künstler/ Gruppen haben sich über das Frühjahr verteilt in der BMW Welt musikalisch vorgestellt und hoffen jetzt darauf, dass die fünfköpfige Jury sie für das Finale am 5. Mai nominiert, in dem dem Gewinner des diesjährigen BMW Welt Jazz Awards ein Scheck über € 10.000 und ein eigens geschaffener Pokal winken.

Der aus der Steiermark stammende, lange in New York ansässige und nun seit einigen Jahren in Wien weilende Weltklassegitarrist Wolfgang Muthspiel nutzte seine Chance auf einen weiteren Auftritt und den Preis mit subtiler Virtuosität. Seine kammermusikalische Gruppe „Drumfree“ (die es in verschiedenen Versionen, u.a. mit Mark Turner und Scott Colley gibt) verzichtet, wie der Name es schon verrät, auf das Schlagzeug. „Es hat mich gereizt, richtige Pulsmusik ohne Drums zu machen. Da stellt man sich dann auch der Herausforderung, dass man das fehlende Schlagzeug nicht überkompensiert und auch Raum lässt, damit das Ganze frei atmen kann“, schrieb er dem Autor dieses Beitrags per E-Mail.

Der Puls ist wirklich immer zu spüren, wenn Muthspiel mit dem deutschen Bassisten Dieter Ilg und dem Schweizer Tenor- und Sopransaxofonisten Andy Scherrer gemeinsame Sache macht – egal ob sich Komplexes über einen ganz einfachen Blues legt, Brasilianisch Angehauchtes federleicht vor sich hin schwingt, ob ein schlanker Gegenwartsgroove von markanten Bebopkürzeln attackiert wird (in einer Michael Jackson gewidmeten Nummer) oder uns ganz Entrücktes (mit Gesangseinlage) in eine Parallelwelt entführt. Trotz aller stilistischen Vielseitigkeit bleiben Muthspiel, der mit eleganter Wendigkeit über den Hals seines Basses gleitende Dieter Ilg und der eher zurückhaltende, oft eher wie ein Begleiter denn wie Solist wirkende Andy Scherrer bei sich – drei Individualisten von Format.

Was der feine Beitrag des „Drumfree Trios“ nun aber mit Wien zu tun gehabt haben soll, das erschloss niemandem so recht, auch wenn die Musik für Multikulti stand – wie eben die österreichische Hauptstadt. Überhaupt war das ein Schwachpunkt beim BMW Welt Jazz Award 2012 – dem ambitionierten und an sich viel versprechenden Motto „Jazz And The City“ wurden man fast nie wirklich gerecht. Schließlich sollten die einzelnen Bands die jeweilige Stadt repräsentieren, aus der sie stammen und damit auch ihre Besonderheiten. Bei Agustí Fernandez hörte man iberische Anklänge heraus (und nicht notwendigerweise die Färbungen Barcelonas), bei Mathias Eick aus Oslo hätte man die Herkunft immerhin ahnen können, ohne von ihr zu wissen. Ausgerechnet beim musikalisch fragwürdigsten Beitrag der Reihe, dem von Hoppy Kamiyama, war die Heimat am deutlichsten zu spüren. „Das ist ja so was von Tokyo“, kommentierte ein Kollege.

Die anderen Konzerte aber ließen wenige Rückschlüsse auf den Wohnort der Künstler zu. Da hat man es sich mit der Auswahl im Vorfeld vielleicht etwas zu einfach gemacht, oder sich zu schwer getan. „Jazz And The City“? Jeder kommt halt irgendwo her. Bei der Auswahl des nächsten Mottos wünscht der Kritiker den Verantwortlichen ein glücklicheres Händchen.

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