Als die Galeristin Katrin Rabus vor zehn Jahren ihr bis heute jährliches Festival „The Look of the Sound“ kreierte, ging es ihr noch mehr um die Fragen an die Verantwortlichen besonders öffentlich-rechtlicher Sender inbezug auf Sendeplätze von Musik und besonders Neuer Musik. Es ging ihr aber auch um die Frage, welche Kriterien eigentlich das Genre Musikfilm bestimmen jenseits simpler Konzertmitschnitte von Wiener und Berliner Philharmonikern oder auch Aufzeichnungen von den Salzburger Festspielen.
Was da im Laufe der Jahre präsentiert werden konnte und ein großes Publikum anzog, war von Dokumentarfilmen über Mitschnitte bis zu filmischen Biographien von einer großartigen Vielseitigkeit: Regisseure wie Bruno Monsaingeon haben mit ihren Porträtfilmen (über Menuhin, Richter, Oistrach, Fischer-Dieskau) Fernsehgeschichte geschrieben. Andere sind Barrie Gavin, Klaus Voswinkel, Larry Weinstein, Bettina Ehrhardt, Frank Scheffer, Thomas Grimm, Jan Schmidt-Garré, die immer wieder ihre Filme in den Festivals zur Diskussion stellten.
„Gute Musikfilme sind eine eigene Gattung – für den Kenner vertiefen sie das Konzerterlebnis, für den interessierten Laien eröffnen sie das Verständnis für eine andere Welt“, hatte Rabus 2010 formuliert und aus dieser Idee schöpft und schafft sie jährlich Neues – ihre Sammlung umfasst inzwischen über 1000 Musikfilme. Darum ging es dann bis heute: über die Produktionen und vor allem deren Umstände – hier hauptsächlich auch die Finanzierung – zu sprechen, zog und zieht neben einem ganz normalen interessierten Publikum immer mehr Berufe an: Produzenten, Musikpädagogen, Redakteure, Intendanten....
Die Fernsehverantwortlichen wurden weniger, heute sind mehr die Aktivisten da, die sich Formate ausdenken und sie in die Tat umsetzen. Im nunmehr achten Festival war der „Doppelte Blick auf die Oper“ der Schwerpunkt, aber auch viele andere Akzente. Aribert Reimanns „Medea“ von der Wiener Staatsoper war zu sehen, Wolfgang Rihms Nietzsche-Oper „Dionysos“ von den Salzburger Festspielen 2011 und Stockhausens „Sonntag aus Licht“ in einem Mitscnnitt der Uraufführung von Enrique Sanchez Lansch. Als deutsche Erstaufführung beeindruckte zum wiederholten Mal die ebenso spannungsvolle wie sensible Art von Bettina Ehrhardt mit ihrem Dokumentarfilm über die Entstehung der Rihmoper mit dem Titel: „Ich bin Dein Labyrinth“. Die Aufführung von Strauss`“Elektra“ (Salzburg 2010) lockte sogar den Regisseur Nikolaus Lehnhoff nach Bremen.
Jenseits der Operndiskussionen gab es reichlich künstlerisches Material: der Begriff „Musikfilm“ produziert Idee um Idee, scheinbar ohne Grenzen. Angefangen mit einem historischen Rückblick, den eher akademischen Komponistendokumentation aus den sechziger Jahren von Hans Heinz Stuckenschmidt über die populär gedachten und mitunter witzigen Beiträge von Luciano Berio stellte Olaf Rosenberg von Arte Musica den an vielen Originalorten der Welt gesammelten musikalischen Jahreswechsel vor – eine wirkliche Alternative zu den traditionellen Sylvesterkonzerten der Wiener und der Berliner. Oder die Regisseurin Ellen Fellmann zeigte, wie man in der Tonhalle Düsseldorf 13 bis 19jährige in die Konzerte lockt: mit inhaltlich an das Konzert gestalteten Trailern, die die Jugendlichen selbst gestalten und basteln.
In welcher Richtung Ideen gehen können, zeigte ein mit Comicelementen durchsetzten kleiner Film „Der Taktstock“ von Michael Wende, der allerdings sich nicht so richtig entscheiden mochte, ob er das Dirigieren kritisieren oder aber eine Dirigierwettbewerb ganz ernsthaft dokumentieren wollte.Es wurde beides daraus. Lustig auch „Für Elise – Beethovens Bestseller“ von Axel Fuhrmann und Axerl Brüggemann, die sich über die Endlosschleifen der Elise-Musik ebenso lustig machen wie sie sie ganz ernst nehmen. Ein kleines, aber sehr feines Konzert des Schlagzeugers Stefan Meier sorgte für Abwechslung. Und die ersten Semester des Studienganges „Lernradio“ der Hochschule für Musik in Karlsruhe zeigten in kurzen Beiträgen, wieviele Ideen sie schon haben, wieviel aber auch noch gelernt werden muss.
Altmeister Monsaignon kann es sich inzwischen erlauben, auf jedewede Mätzchen und Schnitttricks zu verzichten, einfach großartig sein Film über den polnischen Pianisten Pjotr Anderszewski, der Musik von Robert Schumann spielt: man sieht nur dessen Hände und Gesicht. Und unvergesslich wunderbar und traurig der Film „Gozaran“ von Frank Scheffer über den in Wien lebenden iranischen Komponisten und Dirigenten Nader Mashayekhi, der vergeblich versucht, in seiner Heimat Musik von Gustav Mahler Mahler einzustudieren. Das nächste Forum ist für den 6. bis 9. März 2013 angekündigt und auf die Produktionen und die Atmosphäre in der Galerie, wo wirklich jeder mit jedem ins Gespräch kommt, darf man sich schon freuen.