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Viel Theaterblut, wenig Konzept: Moses und Aron in Düsseldorf. Foto: Eddy Straub/Deutsche Oper am Rhein
Viel Theaterblut, wenig Konzept: Moses und Aron in Düsseldorf. Foto: Eddy Straub/Deutsche Oper am Rhein
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Der Tanz fällt aus: Christof Nel inszeniert „Moses und Aron“ an der Deutschen Oper am Rhein

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Eine Wendeltreppe, die in den Schnürboden hinaufführt. Eine schöne Idee, die Roland Aeschlimann mit diesem Einheits-Tableau gefunden hat. Nur, fragt man sich, warum Moses eigentlich keinen Gebrauch davon macht? Immerhin ist er es doch, der auf dem Sinai von Gott die Tafeln der Weisungen empfängt, die „Zehn Gebote“, sagt Luther. Kein Thema in der Deutschen Oper am Rhein.

Partout will Christof Nel Moses nicht nach oben lassen. Zwei Akte lang muss sich Michael Ebbecke in den Bühnenniederungen herumtreiben, muss unter grünem Maschendraht den Abwesenden mimen, muss, was in Wirklichkeit offenbart ist, auf einem an der Rampe platzierten Beistelltisch einritzen. Ein Einfall, der anzeigt, dass diese Inszenierung ihrem eigenen Stoff nicht über den Weg traut.

Christof Nel und Martina Jochem („szenische Analyse“) mögen den Israeliten trotz ägyptischem Sklavenhaus keinen Notstand, keinen Flüchtlingsstatus zuerkennen. Dementsprechend bewegt sich der im Büro-Outfit der 30er Jahre gekleidete Chor immer etwas linkisch über die Bretter. Stets müssen alle anwesend sein und auf den Treppenstufen herumkriechen. Die Folge: Übervolle Bühne. Derweil fragt sich Moses zu recht, ob er mit diesem Haufen tatsächlich in die Wüse ziehen soll? Im weiteren Verlauf scheitert die Sache programmgemäß.

Statt „Unvorstellbarem“ verlangt das Volk die Anschauung zur neuen Theologie, scheitert aber an der Regie: Das überschießend Sinnliche eines Tanzes ums Goldene Kalb fällt aus. Entsprechend unmotiviert erscheint das selbstzerstörerische Ende. Viel Theaterblut wird von mit langen Messern auftretenden Metzgern an Bräuten ganz in Weiß vergossen. Doch welche Aufgaben warum und weshalb hier eigentlich zu groß sind für dieses Volk, verrät Nel leider nicht. Da haben wir zwar seit geraumer Zeit eine schlagzeilenträchtige Finanzkrise, in der die kälbergold angepinselten Spekulationsblasen reihenweise platzen und in der bildgebenden Medienwelt ist eine zweite virtuelle Wirklichkeit von beängstigender Sogkraft entstanden – nur dass Cristof Nel mit solchen Tänzen um solche Goldenen Kälber nichts anzufangen weiß.

Peinlich, wenn er sich von seinem Kostümbildner einen Tierkopf auf die Schlachtbank legen lässt. Gewiss tut der Chor der Deutschen Oper am Rhein sein Möglichstes, um diesen Total-Blackout zu ignorieren, zu kaschieren. Neben der strahlenden Tenorstimme von Wolfgang Schmidt als Aron sind die Choristen die wahre musikalische Stütze dieser Inszenierungs-Katastrophe. Wunderbare, punktgenau agierende Düsseldorfer Symphoniker unter dem Dirigat von Wen-Pin Chien steuern das Ihrige bei, gleiten souverän durch alle Untiefen dieser immer noch heiklen Zwölfton-Partitur.

Was man von der Regie nicht sagen kann. Wobei Nel und sein Regieteam sogar noch die Chuzpe besitzen, die eigene Hilflosigkeit als die des Werkes auszulegen. („Als es möglich war, die Affekte der Unsicherheit, der Hilflosigkeit, der Wut darüber, vieles nicht verstehen zu können als Wesen und Substanz des Stückes, als zum Stück gehörig zu erkennen, war die Tür geöffnet.“) Schönbergs opus summum, das als Werk doch gewiss eine Antwort verlangt zum Stand aktueller (Selbst)Manipulation, zu den Fetischen verlogener Selbstbehauptung, zur Möglichkeit der Rettung durch Selbstbesinnung, Selbst-Aufklärung – all dem gegenüber bleibt das Düsseldorfer „Regiekonzept“ stumm wie ein Fisch.

In der wenig erhebenden Gesamtbilanz der Intendanz von Tobias Richter gerät dieses vorgebliche „Finale Furioso“ zu einem Finale desastroso. Dass Regisseure nicht wissen, wie es geht, kann vorkommen. Dann sollten sie passen und andere ranlassen. Stattdessen erleben wir, wie es chic geworden ist, mit seiner „Unsicherheit“ zu kokettieren und das Herumstümpern als „Annäherungen“ auszulegen. – Viel Beifall für die Interpreten.

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