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Die JeKi-Chance

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Noch vor fünf Jahren wäre Verfechtern folgender Forderung selbst von eingefleischten Musikpädagogik-Erotomanen wenigstens verdeckt der Vogel gezeigt worden: „Jedem Kind ein Instrument“. Es ist wohl auch der besonderen Beziehung zwischen einem Politiker und einem Musikschulleiter zu verdanken, dass sich dieser Appell mittlerweile vielfältig modifiziert in zahlreichen deutschen Landschaften einer Realisierung nähert. Norbert Lammerts Bundestags-Wahlkreis Nr. 141 enthält den Stadtbezirk Bochum-Mitte. Manfred Grunenberg, jetzt JeKi-Chef, leitete lange Jahre Bochums VdM-Musikschule und hatte einen Traum.

Den half der ebenso musik- wie fußballbegeisterte Präsident des Deutschen Bundestages lebendig zu machen: Lammert und Grunenberg – gewissermaßen ein kulturpolitisch-musikpädagogisches Doppelpass-Dream-Team. Die zunächst auf Nordrhein-Westfalen abgestellte Initiative entwickelte sich als kraftvoller Anheizer zur Initialzündung für eine bundesweite Fülle an ähnlichen, ergänzenden oder auch konkurrierenden Projekten. Bei einer Fachtagung der Gesellschaft für Musikpädagogik in Kooperation mit der Stiftung Jedem Kind ein Instrument wurden unter anderem neun solcher Musikalisierungs-Kampagnen vorgestellt (Bericht Seite 16). Mittlerweile existieren teils kommunal, teils bundesland-weit wohl an die hundert Initiativen zur Verbesserung musikalischer Grundausbildung: Eine derart üppige pädagogische Blütenwiese, die gleichermaßen von noch gesunder kultureller Substanz zeugt, beruhigt (allerdings wohl stärker ergärtnert durch das kontinuierliche Wirken unserer Musikschulen denn durch den erodierenden schulischen Musikunterricht gerade im Elementarbereich). Sie weist aber auch einen Mangel an supraföderaler Koordination und Kommunikation zwischen den vor sich hin und teils wild wachsenden Modellen aus. Allein in Hamburg wetteifern zwei bis drei „JeKis“ um optimale Akzeptanz.

Die Verwirklichung eines Traumes – und sei sie materiell noch so gut vorbereitet – scheitert gern an über lange Zeit befestigten real existierenden Strukturen, deren Sinn eben der gute Boden für die Innovations-Vorhaben eigentlich außer Frage stellt. So reklamieren zum Beispiel die Bayern mehr Nach-Denkzeit für die Planung ihrer Musikalisierungs-Initiative (Seite 25). Aus guten Gründen: Eine Reihe übergeordneter Parameter scheint weitgehend ungeklärt: Die Hochschulen wirken auf die Ausbildung des gesteigerten qualifizierten Personal-Bedarfes kaum vorbereitet. Auch dümpelt die Form der notwendigen Aus- oder Weiterbildung von Instrumental-, Vokal-,
Grundschul-Pädagogen oder auch der Erzieher/-innen im Trüben. Das Engagement musikschulischen Personals an Regelschulen bedarf – zum Beispiel auch im Bereich der Bezahlung und Wertschätzung – dringender Aufmerksamkeit. Und auch pädagogische Glaubensfragen gilt es zu klären: Wann soll die Musikerziehung beginnen, und wie? Start mit Stimmbildung oder ran an die Pauke? Es wäre ein Jammer, wenn die JeKi-Power an solchen Klippen zerschellte. Schließlich hat sie all die alten Kopfgeburten und Sprechblasen wie „Hauptsache Musik“, „Aktion Musik“ oder „Musik bewegt“ mit Leib und Seele versorgt. Bündelung der Kräfte ist angesagt, Kooperation, Erfahrungsaustausch, Vernetzung. Wer packt‘s an?

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