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„Muhopolis“ an der Mannheimer Musikhochschule. Foto: Markus Proßwitz
„Muhopolis“ an der Mannheimer Musikhochschule. Foto: Markus Proßwitz
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„Dieses Konzept wird so nicht umgesetzt“ – Die SPD-Fraktion macht mobil gegen die Pläne des Kunstministeriums Baden-Württemberg

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Die hochrangigen Mitglieder der SPD-Fraktion, die sich am 29. August in den Räumen der Musikhochschule den Fragen der Presse stellten, mussten ebenso wie andere Gäste im Innenhof erst einmal an „Muhopolis“ vorbei: einer kleinen Zeltstadt der Mannheimer Studierenden, die hier wortwörtlich Tag und Nacht zur Verfügung stehen, um Auskunft über die geplanten Kürzungen zu geben und sich mit dieser Aktion ausdrücklich zu ihrer Hochschule als Vollhochschule bekennen. Beachtlich ist dies auch deshalb, weil die jetzt Studierenden vermutlich gar nicht die Leidtragenden der geplanten „Umstrukturierung“ sind, sondern hier insbesondere für zukünftige Generationen fighten.

Eine Kampfansage gab es dann auch im Pressegespräch. Claus Schmiedel, Fraktionsvorsitzender der SPD in Baden-Württemberg, untermauerte, was er vorab bereits in einer kurzen dpa-Meldung erklärt hatte. Das Fazit: „Dieses Konzept wird so nicht umgesetzt“. Gemeint ist das Konzept der Grünen Ministerin Teresia Bauer, das die Reduzierung der Hochschulen Mannheim und Trossingen auf so genannte Leuchttürme vorsieht und ihnen damit den Status einer Vollhochschule nimmt. Jetzt also geht nicht etwa nur die Opposition auf die Barrikaden. Auch der Koalitionspartner erklärt dezidiert, ein Konzept über Veränderungen in der baden-württembergischen Musikhochschullandschaft müsse neu diskutiert werden. Im Oktober will die SPD (die Grünen-Fraktion hat dem bereits zugestimmt) eine Anhörung veranstalten. Mindestens zwei Tage sollen dafür angesetzt werden, so Schmiedel, denn „unsere Vorstellung einer Politik des Gehörtwerdens ist, dass man sich dafür auch Zeit nimmt“.

Die SPD-Fraktion sei von dem Konzept des Ministeriums völlig überrascht worden, erklärt Schmiedel. Helen Heberer, Vorsitzende des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Landtag, berichtet, sie habe im Vorfeld der Bekanntmachung mehrfach im Ministerium nachgefragt. Dass es Überlegungen über Strukturveränderungen gab, war ja immerhin bekannt. Aber die Anfragen blieben unbeantwortet. Über Wochen und Monate habe es geheißen: „Da liegt nichts vor.“ Und plötzlich – zwei Tage nach der letzten Runde mit Rektoren und Experten – machte die Ministerin das „Konzept“ öffentlich. Ein normales Vorgehen, so Heberer, sei das nicht. Üblich sei vielmehr zunächst eine Verständigung über Eckpunkte innerhalb der Koalition. Diese würden dann im Kabinett beschlossen und gingen anschließend als Auftrag an das Ministerium. So ist es hier ganz offenbar nicht gelaufen. Das erklärt, warum die SPD-Politiker so deutlich Stellung gegen Pläne und Vorgehen der Ministerin beziehen. Sie müsse die Suppe nun auch auslöffeln, die sie sich gekocht habe, erklärt Schmiedel. Und ohne Zustimmung der SPD komme nichts in Kabinett. Grüne und SPD müssen sich also auf ein – neues – Konzept einigen.

Es geht den SPD-Politikern dabei keineswegs nur um Formalitäten innerhalb der Regierungsarbeit oder darum, ihrer Empörung über den Alleingang der Ministerin Luft zu machen. Vielmehr wird auch inhaltlich gegen die derzeitigen Pläne argumentiert. Die Konzeption sei nicht schlüssig und widersprüchlich. Zunächst gelte es doch, die Bedarfe zu prüfen. Hinsichtlich des Bedarfs an auszubildenden Musikpädagogen ist man sich da schon klar. Wenn die Ganztagsschulen zukünftig ausgebaut würden, so Schmiedel, sei sicher, dass dann sowohl der Sport als auch die Musik dort ihren angemessenen Platz bekommen müssen. „Die Schüler müssen mindestens einmal täglich singen.“ Dafür aber brauche es eine gute Ausbildung der entsprechenden Pädagogen. Hochschulpräsident Rudolf Meister bestätigt, dass es im Bereich der Elementaren Musikpädagogik erheblichen Mangel gebe und dass das Kultusministerium zusätzlichen Bedarf an Schulmusikern angemeldet habe. Auch die im Pressegespräch anwesenden Vertreter der Musikschulen, der Laienmusik und der Profi-Szene konstatieren einen hohen Bedarf an Pädagogen, Chor- und Orchesterleitern, Dozenten und Instrumentalisten. Alle bestätigen die enge Vernetzung mit der Musikhochschule und deren Bedeutung für die Region und die kulturelle Landschaft. Beispiele und Argumente dafür sind in den zahlreichen von der nmz gesammelten Statements in großer Zahl zu lesen. Die Empörung in der Metropolregion jedenfalls ist massiv.

Dabei verschließen die SPD-Politiker nicht die Augen vor der Realität: Klar sei, dass angesichts der Haushaltslage kein Bereich von vorneherein von Kürzungen verschont werde, so Schmiedel. „Aber das steht bei uns nicht an erster Stelle“. Baden-Württemberg solle auch zukünftig das Musikland Nr. 1 bleiben. Dafür brauche man die Hochschulen an allen Standorten, also auch in Mannheim und Trossingen.

Nötig ist auf jeden Fall, dass die Parteien der Regierungskoalition in Sachen Musikhochschulen schnellstens miteinander kommunizieren. Das hat in den vergangenen Wochen und Monaten offenbar nicht stattgefunden. An ihnen – so die SPD-Vertreter – habe das nicht gelegen. Auf die ungläubige Frage eines Journalisten nach dem Grund für das Schweigen rät Schmiedel: „Danach müssen Sie die Ministerin fragen“.

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