Die Bremer Philharmoniker wollen einen Mythos hinterfragen. Richard Wagners Oper "Tristan und Isolde" sei sagenumwoben und traditionsbelastet, sagt der Generalmusikdirektor der Stadt Bremen, Markus Poschner. "Tristan ist die Droge schlechthin, der man sich nicht entziehen kann." Mit dem Festival "phil intensiv" will das Orchester vom 19. bis 22. Februar in der Bremer Glocke versuchen, der bis heute anhaltenden Faszination des vor 146 Jahren uraufgeführten Werkes auf die Spur zu kommen. Entertainer Herbert Feuerstein moderiert, am ersten Abend gibt zudem Nike Wagner Einblicke in das Denken ihres Urgroßvaters.
"Wir wollen dem Zuschauer mehr bieten als das pure Werk", sagt Poschner. "Das geht nur, wenn man sich Zeit nimmt." Immer nur ein Akt pro Abend wird in einer konzertanten Aufführung gespielt. Vor jedem der drei Konzertabende gestalten Poschner und Feuerstein zusammen mit den Sängern Lioba Braun und Frank van Aken eine thematische Einführung. Der ehemalige Musikstudent des Salzburger Mozarteums und aus Fernsehsendungen wie "Schmidteinander" in den 1990er Jahren bekannt gewordene Feuerstein übernimmt bereits seit zehn Jahren regelmäßig die Moderatorenrolle in klassischen Konzerten.
Poschner erhofft sich von ihm einen "gesunden Skeptizismus". Feuerstein sei jemand, der den Dingen nicht traue und eine andere Sicht auf die Dinge habe. "Er ist die perfekte Ergänzung", sagt der Chefdirigent der Bremer Philharmoniker. Richard Wagner ist für Feuerstein eine Herausforderung. "Wenn man aus Salzburg kommt, ist man von Mozart geprägt", sagt der 73-Jährige. Inzwischen habe er sich gleich einer Doktorarbeit an Tristan "abgearbeitet". Akademisch werde das Festival dennoch nicht, "aber auch keine Spaßnummer".
Es wäre ein Leichtes, Wagner zu parodieren. Aber das sei nicht sein Anliegen. Er wolle vielmehr auf der Seite des Publikums sein, stellvertretend die gleichen Fragen stellen. Für Feuerstein ist "Tristan und Isolde" ein "absolut revolutionäres Musikwerk".
"Daran kommt kein Künstler vorbei", sagt Poschner. Sowohl musikalisch als auch inhaltlich. Die Todessehnsucht von Tristan und Isolde sei vermutlich der Grund, warum das Epos so erfolgreich sei. "Viele, die sich damit beschäftigen, können davon nicht mehr loslassen", sagt Poschner, der 2004 mit dem Deutschen Dirigentenpreis ausgezeichnet wurde. Als geradezu gefährlich wurde die Oper bewertet, die im Ruf steht, die "deutsche Seele" zu versinnbildlichen.
Überliefert ist, dass Richard Wagner glaubte, der 3. Akt mache das Publikum so verrückt, dass eine Rettung nur in mittelmäßigen Aufführungen liege. Das kommt für Poschner selbstverständlich nicht infrage. "Wir wollen an dem heiligen Bild Wagners und Tristans ein bisschen kratzen", sagt der 40-Jährige. Er maße sich aber nicht an, auf alle Fragen eine Antwort zu finden.
Poschner hofft, dass die Zuschauer zu allen drei Akten kommen. "Bei 'Tristan und Isolde' denkt keiner an drei Tage und schon gar nicht an Feuerstein", sagt Poschner. "Das ist das, was wir beabsichtigt haben." Der Kartenvorverkauf zeige, dass viele tatsächlich das gesamte Werk hören und sehen wollten, sagte die Sprecherin der Philharmoniker, Barbara Klein. Sie rechnet mit einer bis zu 90-prozentigen Auslastung der Glocke.