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Die Schönheit entsteht beim Hören: Tocotronic. Foto: ddp
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Eine Form von Opulenz: „Schall und Wahn“ – das neue Album von Tocotronic

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Schon die erste Zeile sitzt: „Eure Liebe tötet mich“, tönt die Stimme aus den Boxen, die Gitarren schrammeln, das Schlagzeug bollert - Tocotronic sind zurück. Mit „Schall und Wahn“ erscheint am Freitag (22. Januar) das neunte Album der Band. Es ist voller herrlich sympathischem Größenwahn. „Schall und Wahn“ sei der Abschluss ihrer „Berlin-Trilogie“ wirbt Musikmajor Universal für das neue Werk.

„Ein Witz“, sagt Bassist Jan Müller, und Sänger und Texter Dirk von Lowtzow erläutert: „Im Scherz haben wir uns in Beziehung zur Berlin-Trilogie von David Bowie gesetzt.“

Drei Platten hat das Quartett, zum dem auch Schlagzeuger Arne Zank und seit 1994 Keyboarder Rick McPhail gehören, in Berlin aufgenommen: Das erste Album der im Nachhinein nun zur Reihe erklärten Abfolge hieß «Pure Vernunft darf niemals siegen» und erschien 2005 bei der Hamburger Indie-Plattenfirma L'age d'Or. Nachdem diese pleite gegangen war, veröffentlichten Tocotronic ihre «Kapitulation», ihr zweites Berliner Album, schon bei der Berliner Firma. Tocotronic, die Mitte der 90er als eine der prominentesten Bands der «Hamburger Schule» entwuchsen und den deutschen Indie-Rock maßgeblich prägten, sind im Spätwerk angekommen.

Schon der Titel zeugt davon: «Schall und Wahn» ist der deutschen Übersetzung des 1929 erschienen Romans «The Sound and the Fury» des US-Amerikaners William Faulkner entliehen - als Meilenstein der Gattung des «New Modernism» ein literarisch hochbedeutendes Werk. Der Bezug darauf sei «eine Geste der Aneignung, die wir gerne pflegen», sagt Lowtzow. Eine «interessante Sache» sei dies, fügt er hinzu, aber zu bedeuten habe all das: nichts. Man mache Popmusik, die ungefähr so entstehe: «Nach einer Phase des periodischen Nichtstuns gelangt man zu Eingebungen und schreibt Songs.»

Doch «Schall und Wahn» klingt nicht nach einer hingeworfenen Skizze. Manche Songs dauern neun Minuten, die Single «Macht es nicht selbst» ist hingegen sehr eingängig und klingt ein bisschen nach der Melodie von «When the Saints go marchin' in». Die Produktion, vorgenommen von Moses Schneider (Beatsteaks, Kreator), war aufwendig: «Wir haben live aufgenommen, in einem sehr kleinen Raum. Auch im hinterletzten Winkel befanden sich noch Mikrofone - spezielle Mikrofone wie ein Kunstkopfnachbau und ein 'Smokehead'», sagt Lowtzow. Bei letztem handelt es sich um einen Eigenbau des Produzenten - nach dessen Auskunft «das größte Stereomikrofon der Welt».

Ein fetter Rocksound jedoch klingt anders. Der Sound von Tocotronic ist dicht, verwoben und grazil. «Wir wollten eine gewisse Form von Opulenz schaffen, keine, die aufgepumpt daherkommt. Es gibt ähnliche Sound-Beispiele in der klassischen Musik. Die Arbeitstechniken stammen aus der Tonaufnahmetechnik beim Film», erläutert Sänger Dirk von Lowtzow. Mag die «Hamburger Schule» auch bisweilen verkopft gewesen sein, heute ist sie durchdacht - ein Verdacht, dem Tocotronic natürlich vehement entgegentreten: «Was beim Schreiben darüber gedacht wurde, ist vollkommen irrelevant. Die Schönheit entsteht beim Hören.»

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