Dem „musikprotokoll“ droht das Aus. Wie vor Kurzem bekannt wurde, plant der ORF die Einsparung des zum „Steirischen Herbst“ gehörigen renommierten Neue-Musik-Festivals. Mittlerweile ist eine Online-Petition gegen die Sparpläne des ORF gestartet worden, die bislang über 1.500 Unterschriften gesammelt hat. In der Juli/August-Ausgabe, aus der wir hier vorabveröffentlichen, kommentiert nmz-Chefredakteur Andreas Kolb:
Das neue Programm des Festivals musikprotokoll im Steirischen Herbst steht seit 20. Juni online, drei Tage später brachte die Post das Programmheft dazu, dessen Lektüre immens Lust auf eine Fahrt nach Graz macht. Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien wird Uraufführungen von Elisabeth Schimana bringen, das Klangforum Wien befasst sich mit spirituellen Klängen, beauftragt vom jesuitischen Centro Culturale San Fedele in Mailand, das ensemble recherche vertritt die deutsche Ensemblekultur und Reinhard-Schulz-Preisträger Patrick Hahn ist als „Stadt-Kritikus“ eingeladen, um täglich alles zu messen, zu bewerten, zu kommentieren und zu vermitteln.
Beinahe zeitgleich mit der Beschäftigung mit diesen PR-Produkten aus der musikprotokoll-Dramaturgie flattert eine Meldung ins Haus, die diesen Vorbericht abrupt unterbricht. Der österreichischen „Kleinen Zeitung“ sei am 21. Juni zu entnehmen gewesen, dass ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz das musikprotokoll im Steirischen Herbst streichen will.Das Beenden der 45-jährigen Festivalgeschichte wäre der Verlust einer einzigartigen Plattform für Komponisten. as ORF-Abschaltszenario bedroht auch andere „Formate“: Der Ingeborg-Bachmann-Preis steht auf der Einsparliste, für das Radio-Symphonieorchester seien ebenfalls Kürzungen geplant.
Die griechische Lösung scheint noch nicht vor der Tür zu stehen, aber fatale Vergleiche zur Situation in Donaueschingen, Baden-Baden, Freiburg und Stuttgart drängen sich auf. Dort hat das Sparen mit den Orchestern begonnen, geht es vielleicht bald mit den Musiktagen weiter?
Egal ob Steiermark oder Badener Land, es hat den Anschein, der öffentlich-rechtliche Rundfunk, will die Neue Musik nicht mehr. Man darf sich im Gegenzug auch einmal die Frage stellen, ob wir Gebührenzahler und Nutzer den öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch wollen, wenn er seinen Kulturauftrag nicht mehr wahrnehmen kann und sich vom Angebot der privaten Anbieter faktisch nicht mehr unterscheidet.
Soll man alle Hoffnung für die Kultur ins Internet setzen? Auch das ist blauäugig, wenn man sieht, welche Mega-unternehmen den digitalen Kuchen gerade unter sich aufteilen. Was tun? Zunächst folgende Bitte: Legen Sie diese Zeitung kurz aus der Hand, um mit Smartphone oder Computer das Internet „einzuschalten“ und an der Petition für den Erhalt des Festival musikprotokoll im Steierischen Herbst teilzunehmen:
http://rettetdasmusikprotokoll.mur.at