Seit langer Zeit befriedigt das ARTE - Programm mit der Serie „Durch die Nacht“. Zwei offensichtlich völlig gegensätzliche und verquere Menschen dürfen eine Nacht miteinander verbringen. Kürzlich traf es Scooter-Frontmann H. P. Baxter, der mit seinem Kindergartentechno die Chartwelt spaltet und Autor Heinz Strunk, der mit der autobiographischen Aufarbeitung „Fleisch ist mein Gemüse“ schlimme Jahre seines Lebens im Kontext einer Tanzkapelle, gefangen von der Querflöte, beschreibt.
Treffpunkt war Hamburg, da beide dort ihren maßgeblichen Lebensmittelpunkt zu haben scheinen. Eine attraktive Tour, auf die sich H.P. Baxter und Heinz Strunk da eingelassen haben. Die anfängliche Affektiertheit der beiden lässt nach einigen Zigaretten im Scooter-Studio und einem Querflötensolo Strunks über Scooter’s Hymne „How much is the fish“ schnell nach. Hat man beide vorher noch als blasierte, selbstverliebte Pinkel betrachtet, entpuppen sie sich in den folgenden Gesprächen und Aktivitäten (Besuch im Hamburger Schauspielhaus, Kneipentour, Designerklamottenladen) als relative Normalos, die ihren eigenen kulturellen Weg gehen. Der eine im anstrengenden „understatment“ (Strunk), der andere in der hilflos gespielten Genügsamkeit (Baxter).
Viel Neues über Kultur, Journalismus oder Insiderwissen ist nicht zu erfahren. Trotzdem schildert die Doku einen angeregten Weg zweier konträrer Personen, die sich auf eine authentische Weise annähern. Dem ungeachtet werden H.P. Baxter und Heinz Strunk zwar höchstwahrscheinlich nie wieder ein Bierchen miteinander zischen, aber trotzdem schön, wie sie immer wieder auf ihre differente musikalische Vergangenheit zurückblicken. Zwanglos ergeben sich die Gespräche. Zwar hat man oft den Eindruck, so richtig kann der eine nicht auf den anderen eingehen, andererseits erspart dieses Versäumnis eine gekünstelte Atmosphäre.
Eine gelungene Idee der ARTE-Macher im sowieso sehenswerten Rahmen der „Durch die Nacht“-Reihe. Wer die Sendung verpasst hat, sollte in den nächsten Tagen das ARTE online Angebot durchsuchen. Nicht selten sind Online-Streams vergangener Sendungen ansehbar. Oder youtube anzapfen.