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Die Casting-Pioniere sind zurück: Take That. Foto: Universal
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Ferchow vor der Röhre – „Take That. Die erfolgreichste Pop-Band packt aus“ auf SUPER RTL

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Ein Montagabend mit Take That? Dann lieber Fußpilz. Aber trotzdem. Die Pflicht ruft. Und rückblickend überraschend wie hoch interessant. Vorher jedoch die Kritikpunkte an dieser Dokumentation. Einblendungen (Namen, Orte, Funktionen der Personen) deutscher Art fehlten. Selbst der hart gesottene Musikkritiker kennt nur wenige Personen aus dem Umfeld der Band, die in der Doku zu Wort kommen. Auch Zeitangaben bei diversen Ausschnitten wären schön gewesen.

Dann die fehlenden Angaben im Vor- oder Abspann, weil beides schlicht nicht stattfand: Wann genau entstand die Doku, wer hat sie verfasst, ist sie von den fünf Bandmitgliedern so abgesegnet worden? Aber SUPER RTL ist nicht ARTE und damit muss man leben oder abschalten.

Was war nun zu sehen? Ein 85-minütiger Film, der in großen Klumpen die Karriere der Band bestrahlt. Der Beginn, der Erfolg, die Trennung 1996, die persönlichen Animositäten untereinander und das Comeback. Großes Lob für den Verzicht auf die Weihrauchbombe des Ruhms.

Die Bandmitglieder wurden unabhängig voneinander befragt. Oder äußerten sich zu einzelnen Themen. Die Spannungen und Freundschaften untereinander kommen so zum Ausdruck. Und klar wird: Robbie Williams hatte schon immer einen an der Klatsche. Bereits vor seiner Drogenzeit. Klar wird ferner, dass jeder der fünf Burschen andere Prioritäten hatte. Gary Barlow wollte als Songschreiber triumphieren, Howie als Künstler ernst genommen werden. Obwohl, reich wollten sie alle werden. Inklusive ihres Managers Nigel Martin Smith, der in der Doku allerdings als ebenso kontroverse wie anbiedernde Persönlichkeit erscheint.

Nebenbei zeichnet die Doku das Erwachsenwerden der Band nach. Und legt offen, dass trotz vieler Gemeinsamkeiten der Weg der Trennung von Beginn an vorbestimmt war. Offen gehen alle zu Wort kommenden mit ihrer Karriere und mit ihrem Verhalten in den sechs Jahren Take That um. Robbie Williams entschuldigt sich per Videoeinspielung für seine Unflätigkeiten bei den anderen vier, die gerade ihr Comeback planen. Der Manager, aber auch Gary Barlow gestehen Fehler ein, sparen nicht mit Selbstkritik, geben aber ohne Umschweife zu, dass sie vor allem Sex, Drugs and Rock’ Roll in vollen Zügen genossen. Im Rückblick und mit der Altersweisheit können sie das nun auf eine charmante und humoristische Art und Weise abarbeiten.

Aufgeräumt wird vor allem mit den Automatismen der Casting-Band. Sicher, zusammen gerottet wurden die fünf. Aber sie mussten einen harten Weg einschlagen. Unzählige Auftritte in Schwulen-Kneipen, bei Bürgerfesten und in Schulturnhallen. Chartplatzierungen waren Mangelware. Das erste Album ein halber Flop. Singles und Videos, die grauenhaft, aber teuer waren und desaströs scheiterten. So einfach wie die heutigen Casting-Bands, die bereits mit der Entstehung einem Millionenpublikum präsentiert werden, hatten es Take That definitiv nicht.

Ohne Zweifel ein spannendes Portrait, das nun ob seiner musikalischen Qualität gar nicht diskutiert werden muss. Weil die nicht im Vordergrund der Doku steht. Es ist eine menschliche Dokumentation, die eine kulturelle Anfangsphase der Musikbranche beschreibt, deren Auswirkungen noch heute spürbar sind: schneller Erfolg, wenig Nachhaltigkeit und flexible Austauschbarkeit. Unter diesen Gesichtspunkten gesehen ein berechtigter Abend vor dem Programmplatz 35.

„Take That – Die erfolgreichste Pop-Band packt aus“
Montag, 12.01.09, 21.20–22.45 Uhr um 21.20 Uhr bei SUPER RTL

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