„Jetzt erst recht“ betonte Burghausens 1. Bürgermeister Hans Steindl in seiner kurzen und sympathisch lässigen Ansprache zum „Europäischen Burghauser Nachwuchs-Jazzpreis“, der letztes Jahr in die renommierte „Internationale Jazzwoche Burghausen“ eingeführt und heuer somit zum zweiten Mal im Rahmen des Festivals verliehen wurde.
Mit „Jetzt erst recht“ setzt die Stadt Burghausen ein selbstbewusstes Gegengewicht zu den allgemeinen Kürzungen der Zuschüsse der öffentlichen Hand, die in unseren Zeiten allzu gern mit der sogenannten Banken- und Wirtschaftskrise begründet werden. Dass es gerade in dieser Zeit die kleine Stadt an der Salzach fertigbringt, nicht weniger als 15.000 Euro für einen Nachwuchspreis locker zu machen, kann deshalb gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Bei der Premiere des Preises im letzten Jahr gab es einige – und keinesfalls unbegründete – Unmutsäußerungen bei Publikum und Presse über die Entscheidung der Jury die Formation namens „Kühntett“ zum Preisträger zu küren und auch dieses Jahr hatte es die Jury nicht leicht unter den fünf Endausscheidungs-Formationen einen Sieger zu wählen. Aber in diesem Jahr ist die Entscheidung sehr viel stärker nachvollziehbar als im letzten.
Denn mit dem französischen Trio „Exultet“ entschied sich die Jury, bestehend aus dem künstlerischen Leiter der Jazzwoche, Prof. Joe Viera, den Musikjournalisten Ralf Dombrowski und Reinhard Köchl sowie dem Musikredakteur des Bayerischen Rundfunks, Roland Spiegel, für eine Formation, die wirklich den Reiz des Außergewöhnlichen aufweist. Das fängt schon damit an, dass die Besetzung mit dem Akkordeonisten Christophe Girard, dem Gitarristen William Rollin und dem Schlagzeuger und Perkussionisten Stanislas Delannoy in keine der gängigen Schubladen in Bezug auf eine Triobesetzung passt.
Und so ungewöhnlich und gleichzeitig faszinierend wie die Besetzung ist auch die Musik dieses Trios. Den die Idee Klangfarben und Stilelemente des französischen Chansons mit jazzig-rockigen E-Gitarrenklängen zu vermischen und das Ganze dann noch in unglaublich raffiniert synkopierten und gleichzeitig mitreißend groovenden Rhythmen zu präsentieren, sucht schon seinesgleichen. Aber damit nicht genug, in der Eigenkomposition „Bref nocturne“ präsentierte die Band wunderschöne sphärische Klangfarben auf dem Akkordeon und der mit einem Volumenpedal gespielten E-Gitarre, dass man regelrecht ins Träumen oder meditieren geraten konnte und das Schöne dabei ist, dass das Trio im Zeitalter eines gewissen Kakophonien-Fetischismus hier und da auch den Mut hatte, einfach nur die Aussagekraft eines Durdreiklangs zu zelebrieren. Besondere Erwähnung sollte aber auch das unglaublich packend perkussive und zum Teil mitreißend funkige Spiel von Gitarrist William Rollin finden.
Das Niveau der Endausscheidung war insgesamt sehr hoch. Auch die deutsche Formation „mit4spiel5“ beeindruckte durch Kreativität und Groove auch im siebener Takt wie bei der Miles-Davis-Bearbeitung „Seven Steps To Seven“. Die australisch-deutsche Band „Exchange“ bot einen hervorragenden kammermusikalischen Jazz, was zum Teil auch für das französisch-schweizer Projekt „French Swiss Connection“ gilt. Auch die deutsche Formation um die Sängerin Hannah Köpf zeigte Kreativität, wenngleich Nummern wie die Bearbeitung von Mitchells „Big Yellow Taxi“ doch etwas arg poppig und hier zudem auch überhastet über die Bühne gingen.
Die Siegerband „Exultet“ jedenfalls kann nun über 5000 Euro in Bar und 10.000 Euro für die Entwicklung der Band wie Coaching oder Tonträgerproduktionen verfügen.