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Paul Dessau und Bert Brecht lernten sich in der Emigration kennen.
Paul Dessau und Bert Brecht lernten sich in der Emigration kennen.
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Gedenkkonzert zum 30. Todestag von Paul Dessau mit drei Uraufführungen in Gera

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Paul Dessau (1894 bis 1979), bekannt vor allem als Komponist von Bühnenmusiken zu Brecht-Stücken wie „Mutter Courage“ oder „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ und seine Oper „Die Verurteilung des Lukullus“, wird in einem Konzert der Theater&Philharmonie Thüringen in Gera von einer ganz anderen Seite vorgestellt.

Der 30. Todestag Paul Dessaus ist für die Klang Projekte Weimar e.V. Anlass, im Rahmen der Konzertreihe „Neue Wege zur Musik – Wege zur Neuen Musik“ ein bisher wenig bekanntes Schaffensgebiet des Künstlers in den Mittelpunkt eines Konzerts zu stellen: Psalmvertonungen, Synagogalmusik und Kompositionen für Orgel. Es musizieren Alena-Maria Stolle (Sopran), Jörn Sakuth (Bassbariton) und Jürgen Natter (Orgel). Das außergewöhnliche Konzert, in dem drei Stücke Paul Dessaus uraufgeführt werden, findet am Sonntag, 28. Juni, um 19.30 Uhr im Konzertsaal der Bühnen der Stadt Gera statt.
 
Bereits als Kind kam Dessau, dessen Urgroßvater und Großvater bekannte Kantoren der deutsch-israelitischen Gemeinde in Hamburg waren, mit Synagogalmusik in Berührung. Seine erste nachweisbare Komposition religiösen Inhalts, die 1919 entstandene Kantate "Erlösung durch die Wahrheit", erlebt nach 90 Jahren in Gera ihre erste öffentliche Aufführung!

Nach seiner Emigration in die USA (1939-1948) interessierte sich der links orientierte fortschrittliche Komponist jüdischer Abstammung in verstärktem Maße für die hebräische und jiddische Sprache, jüdische Liturgie und Volksmusik. Die musikalische Verarbeitung jüdischer Themen für ein jüdisches Publikum spielt in seinen Arbeiten dieser Zeit kontinuierlich eine Rolle. Es entstehen zahlreiche synagogale Werke, welche zum Teil im Emanuel-Tempel und der Park Avenue Synagoge (New York) aufgeführt werden. Hierzu gehört einfache Gebrauchsmusik, aber auch anspruchsvolle Vokalwerke wie der "126. Psalm (Beschuw Adonaj)" für Bariton und Orgel. Dieses Werk besitzt insofern eine Sonderstellung, als es mit Anwendung der Zwölftontechnik die Musizier- und Hörpraxis des Synagogenalltags bei weitem übersteigt.

Nach Remigration in den sowjetisch besetzten Teil Deutschlands 1948 tritt die jüdische Problematik und Verwendung der Orgel in den Hintergrund. Im Werkverzeichnis finden sich im Spätwerk lediglich eine "Paraphrase über ,Mariana' von Jean Gilbert für Orgel" sowie "Sechs Takte ,Beethoven' im Harry-Jahr 1970", in denen dem Instrument eine solistische Stellung zuerkannt wird. Beide Stücke erleben in Gera ihre erste konzertante Aufführung!

Zu den Ehrengästen des Konzertes gehört der Regisseur Maxim Dessau, der Sohn des Komponisten aus der Ehe mit Ruth Berghaus.


KONZERTPROGRAMM:


1. Erlösung durch die Wahrheit (1919) Kantate für Gesang und Orgel
    -URAUFFÜHRUNG-

Die erste nachweisbare Komposition, in der Paul Dessau ein religiöses Thema behandelt und die Orgel als Begleitinstrument einsetzt, ist die Kantate "Erlösung durch die Wahrheit", datiert auf August 1919, Hamburg. Ihr liegt ein traditioneller Text der "Christian Science" in einer Bearbeitung von Bertha S. Reinke zugrunde.
 
2. Toramelodie: Wajechulu (Juli 1940) für Bariton und Orgel
Wajechulu hashomajim (So wurden Himmel und Erde vollendet) ist ein Gesang zur Einführung des Sabbat, der auf der Genesis 2,1-3 basiert. Dessaus Bearbeitung, der eine traditionelle Thora-Melodie zugrunde liegt, steht in D-Moll und harmonisiert diese detailliert aus.
 
3. 126. Psalm für Bariton und Orgel (April 1940)
Am 14. April 1940 schloss Paul Dessau in New York seine Komposition des 126. Psalms (Beschuw Adonaj - Der Herr hat uns heimgeführt nach Zion) in hebräischer Sprache für Bariton und Orgel ab. Das sehr anspruchsvoll in Zwölftontechnik komponierte - atonale - Werk legt, wie auch das von Dessaus großem musikalischem Vorbild Arnold Schönberg geschaffene "Kol Nidre", ein eindrucksvolles Bekenntnis des Komponisten zur Moderne im synagogalen Kontext ab.
 
4. 23. Psalm für Bassstimme und Orgel (März 1941)
Der 23. Psalm (Der Herr ist mein Hirte) ist kompositorisch einfach in erweitertem C-Dur gehalten und wurde direkt für den mit Dessau befreundeten Kantor des Emanuel Tempels, Moshe Rudinow, in New York  geschrieben. Er ist eines der wenigen geistlichen Vokalsätze Dessaus in dieser Zeit, dessen Text nicht in hebräisch, sondern in deutsch und englisch vertont ist.
 
5. Ajuma hamshi (September 1941) für Bass und Orgel

6. Jewarechecha adonay (Januar 1942) für Bass und Orgel
Ebenso wie "Ajuma hamshi" ist "Jewarechecha adonay" ein Beispiel für die Bearbeitung einer jüdischen Melodie zu liturgischen Zwecken. Während die Vorlage zu "Ajuma hamshi" bislang nicht ermittelt werden konnte, handelt es sich bei "Jewrechecha adonay" (Der Herr segne dich und behüte dich) um einen Segensspruch aus dem 4. Buch Mose, welcher dem Kantor zugewiesen ist.
 
7. Paraphrase über "Mariana" von Jean Gilbert für Orgel (Juni 1968)
   - KONZERTURAUFFÜHRUNG-

Paul Dessau stand mit seinem Cousin, dem gefeierten Operettenkomponisten Jean Gilbert (1879-1942), in einem fast brüderlichen Verhältnis. Die "Paraphrase über ,Mariana' für Orgel" entstand am 17. Juni 1968 in Dessaus Wohnort Zeuthen für die Hochzeitsfeier von Mariana Stark, die ebenso mit Gilbert verwandt war. Das Stück, welches als Präludium und Fuge anhebt und Anklänge an den Beat beinhaltet, soll an eine der Erfolgsoperetten Gilberts, "Die Frau im Hermelin" von 1919, erinnern. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass Dessau dieser Musik aus der Welt der musikalischen Unterhaltung bis ins hohe Alter zugetan war.
 
8. Sechs Takte "Beethoven" im Harry-Jahr 1970  (Juni 1970) für Orgel
    -URAUFFÜHRUNG-

Das Jahr 1970 stand ganz im Zeichen des 200. Geburtstages Ludwig van Beethovens. In der DDR wurde dieses Ereignis unter anderem dadurch gebührend gewürdigt, dass hierzu erstmals eine Beethoven-Gesamtausgabe auf ETERNA-Schallplatten erschien, für deren Konzeption und Einführungstexte der mit Paul Dessau befreundete Musikwissenschaftler Harry Goldschmidt verantwortlich war. Der Umstand, dass Goldschmidt am 17. Juni 1970 seinen sechzigsten Geburtstag beging, veranlasste den Komponisten, mit diesem Opus zum "Beethoven" / "Harry" - Jahr, dem Freunde seine augenzwinkernde Referenz zu erweisen. Das Stück ist datiert auf Zeuthen, den 14. Juni 1970
 
 

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