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Lichtblick im kulturpolitischen Musikrats-Dunkel: Die Vorsitzende der Kultur-Enquete des Deutschen Bundestages, Gitta Connemann. Foto: Bundestag.
Lichtblick im kulturpolitischen Musikrats-Dunkel: Die Vorsitzende der Kultur-Enquete des Deutschen Bundestages, Gitta Connemann. Foto: Bundestag.
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Generalversammlung: Nachhilfe-Unterricht in elementarer Kulturpolitik für den guten alten Musikrat

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(nmz-thg) Der Plan war eigentlich prima: die diesjährige Generalversammlung des Deutschen Musikrates sollte sich mit den Ergebnissen der Kultur-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages auseinandersetzen, Konsequenzen für den Musikbereich ziehen, Zukunftspläne entwickeln. Was sich an diesem Nachmittag seitens des Musikrates dann in der Realität „entwickelte“, glich einem Patchwork aus Eitelkeit, Unwissen und bornierter Repetition enger Partikular-Interessen.

Dabei begann die Sitzung so vielversprechend: Die einstige Vorsitzende der Kultur-Enquete-Kommission, Gitta Connemann (CDU) lieferte einen wirklich ausgezeichneten Überblick über die Arbeit ihres Gremiums. Detailreich und mit vielen konkreten Informationen über Zustandekommen, politisches Umfeld und parlamentarische Funktion des Berichtes bereitete sie eigentlich einen hochkompetenten Boden für die Musikrats-Werkstätten vor. Ihren konstruktiven, vielseitigen Anmerkungen zum Zustand unserer Verwertungsgesellschaften hatte – und das war der erste tiefe Abschwung – GEMA-Vorstand Harald Heker in seinem folgenden „Zwischenruf“ dann nur ein charmant getänzeltes Nichts entgegenzusetzen.  Vielleicht bezeichnend für den Zustand dieser ehrenwerten Gesellschaft.

In eine konstruktiv-klare Sicht der Dinge führte dann noch einmal der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates Olaf Zimmermann die recht üppig versammelten Köpfe der Musikverbands-Kompetenz zurück. Doch das blieb ziemlich folgenlos, wie die kunterbunte Statement-Addition im Rahmen der abschließenden Musikrats-Werkstatt-Präsentationen dann auswies. Die wenigsten Werkstatt-Tätigen hatten offensichtlich den politischen Stellenwert, das gesamtgesellschaftliche Umfeld des Enquete-Berichtes begriffen, geschweige denn den Bericht (ist ja auch eine Zumutung, soviel Papier) gelesen. Da tat ein Willi Hefekäuser, offensichtlich gekränkt über mangelnde Präsenz seines zivilgesellschaftlich fraglos bedeutenden Wirkungsfeldes politisch allwissend und beklagte längst Verdautes, an dessen Zubereitung er sich eben nicht kompetent beteiligt hatte. Da versuchte GEMA-Aufsichtsrätin und leider eine der ganz wenigen Frauen im Musikrats-Präsidium, Dagmar Sikorski, einen derart mädchenhaft-naiven Lobbying-Anlauf in Sachen Urheberrecht aus Sicht der Verleger und Kreativen, dass man ihr spontan ein Extra-Coaching in Kommunikations-Kompetenz und politischer Realitäts-Wahrnehmung finanzieren möchte. Einzig wohl Vizepräsident Udo Dahmen und der DOV-Vertreter Helmut Karmeier und in perspektivischer Hinsicht auch Vizepräsident Hans Bäßler hatten das Chancen-Potenzial, das die Enquete bietet, richtig verstanden und ihre Arbeitsgruppen in Richtung Zukunft bewegt. Ansonsten dominierte beckmesserische Kritik samt Petitessen-Huberei. Und hätte nicht Kulturrat Olaf Zimmermann immer wieder klug und geduldig erläuternd in die „Diskussion“ eingegriffen, die Veranstaltung wäre komplett im Jammertal provinzieller Kirchturm-Politik versunken.

Die – für den Musikrat – bisher noch nicht gestellte richtige Frage formulierte aus dem Plenum Ehrenmitglied Hermann Josef Kaiser: Wie kann man auf dem Boden einer zeitgebundenen Bestandsaufnahme und vom Befund dann auch losgelöst Visionen entwickeln? Die Frage wurde offensichtlich nicht verstanden, obwohl der schleswig-holsteinische Landesmusikrats-Präsident Klaus Mader sie noch einmal schlüssig konkretisierte. So bleibt nur die Hoffnung auf den von Präsident Martin Maria Krüger für Ende nächsten Jahres angekündigten „Musikplan“.  Und die ist angesichts des offensichtlich noch stark unterentwickelten kulturpolitischen Bewusstseins in weiten Musikratskreisen nicht allzu intensiv. Hatte man doch grade erst die „Wiedervereinigung“ der auseinanderdriftenden Musikrats-Teile gGmbH  und Verein gründlich versemmelt, weil man sich außerstande sah, untergeordneten aber  mit Zuwendungs-Repressalien nahezu erpresserisch fuchtelnden Politik-Chargen auch nur auf Augenhöhe zu begegnen. Auch das in Fachgruppen an sich reichlich vorhandene zivilgesellschaftliche Kompetenz-Potential wurde von der Vereins-Struktur bislang nur sehr sporadisch genutzt.

Dabei hat der Verein in Christian Höppner doch eigentlich einen kundigen, kulturpolitisch versierten Generalsekretär. Es stimmt nachdenklich, dass er sich in die politische Debatte mit keinem Wort einbrachte. Liegts nur an Überarbeitung aufgrund der notorisch knappen Personaldecke – oder an  Profilierungsbedürfnissen einiger Präsidialer? Ein Polit-Profi aus diesem Rat hat sich der Amateurliga erstmal klammheimlich entzogen: Dieter Gorny, Multi-Funktionär und kundiger SPD-Karrierist, sagte die Leitung seiner „Werkstatt“ wohl in böser Vorahnung sehr kurzfristig ab und verdrückte sich nach Essen, wo es allerdings auch einiges zu reparieren gäbe. Immerhin: Vom Regen in die Traufe.

(Mehr – und natürlich Sachlicheres demnächst in der nmz-Print-Ausgabe).

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