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Große Oper auf Bottrops Halde - Thomas Grandoch inszeniert Verdis «Aida»

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Unzählige glanzvolle Vorstellungen hat Verdis berühmteste Oper «Aida» seit ihrer Uraufführung 1871 erlebt. Doch die Inszenierung, die Mitte Juni in Bottrop im Rahmen der Local-Heroes-Woche Premiere hat, ist etwas Besonderes. Ort der Aufführung wird nicht ein Opernhaus sein, sondern eine Halde des Bergwerks Prosper-Haniel - mit 159 Metern die höchste Halde des Ruhrgebiets. Und Regie führt kein altbewährter Spielleiter, sondern der gerade einmal 26 Jahre alte Thomas Grandoch.

«Ich bin der Jüngste im Ensemble», sagt Grandoch, der in Bottrop geboren wurde und aufgewachsen ist. Theater-Erfahrung kann er dennoch vorweisen. «Mit 17 habe ich in der Schule Stücke auf die Bühne gebracht», erinnert er sich an seine künstlerischen Anfänge. Wenig später folgten mit Genets «Zofen» und Sartres «Geschlossener Gesellschaft» erste professionelle Arbeiten. In Berlin, wo Grandoch an der Universität der Künste Werbefilm studiert, übernahm er zudem bei drei Musicals die Regie.

Der Leiter des Bottroper Kulturamtes, Dieter Wollek, wurde früh auf Grandoch aufmerksam. Als dann die Idee reifte, im Rahmen des Kulturhauptstadt-Jahres in Bottrop eine große Oper zu machen, erinnerte er sich an den theaterbegeisterten Schüler und sagte sich: «Thomas Grandoch kann das, dem traue ich zu, der Regisseur zu sein.» Der schauspielerische Leiter war gefunden - gemeinsam mit dem musikalischen Leiter Joachim Mayer-Ullmann übernahm er das Projekt.

Grandoch hat seinen ganz eigenen Blick auf die Oper und darauf, wie sie auf der Halde zur Aufführung gebracht werden kann. Ihn interessiert weniger das altägyptische Pyramiden-Kolorit, sondern die überzeitliche Thematik. «Krieg, Eifersucht, hierarchische Strukturen und Menschen, die in ihrer Liebe unterdrückt werden, das möchte ich auf der Halde Haniel zeigen», erläutert er.

In dem Stück sind die Pharaonen-Tochter Amneris und die Sklavin Aida beide in den ägyptischen Heerführer Radames verliebt. Wobei Radamis einerseits verbotenerweise Aidas Gefühle erwidert, aber andererseits Krieg gegen den König von Äthiopien führt, dessen Tochter Aida ist.

Die Halde Haniel mit dem 1000 Zuschauer fassenden Amphitheater auf dem Gipfelplateau ist für Grandoch, der auch das Bühnenbild gestaltet hat, gerade wegen der universellen Aspekte der Geschichte eine ideale Kulisse: »Man könnte die kahle, unbewachsene Fläche als einen Bombenkrater nach einer großen Katastrophe sehen, in der die Menschheit fast völlig zerstört worden ist. Und die Überlebenden bilden sofort die untergegangenen repressiven Strukturen neu.«

Bei all den ernsten Themen vergisst Grandoch nicht, dass eine «Aida» für das Publikum immer auch ein Event ist. Natürlich möchte er »eine Fantasiewelt bieten, die in Erinnerung bleibt«. Und deshalb wird es an spektakulären Effekten nicht fehlen. 210 Personen umfasst das Ensemble, darunter neben den acht Solisten auch 90 Sänger umfassender Projektchor. Sie stammen, wie die gebürtige Bottroperin Elisabeth Otzisk in der Titelrolle, überwiegend aus der Region. Ein Orchester wurde gegründet, dass schon bei verschiedenen Anlässen mit großem Erfolg gespielt hat. Probleme wegen der Jugend des Regisseurs hat es nicht gegeben, versichert Grandoch. »Die Kolleginnen und Kollegen achten mich, weil ich bemüht bin, ihre Ideen einzubinden«, beschreibt er seinen eher kooperativen Stil.

Kulturamtsleiter Wollek lobt nicht nur ein »hohes Maß an Kreativität« bei Grandoch, sondern auch seine »engagierte, zielgerichtete Hartnäckigkeit, mit der er auch um die kleinste Idee kämpft«. Zudem hebt er die »präzise Vorstellung von Inszenierung hervor«, die den 26-Jährigen auszeichne.

Das Ergebnis ist bei der Premiere am 13. Juni und bei vier weiteren Aufführungen zu erleben. Der Regisseur wird dann voller Lampenfieber unter den Zuschauern sitzen. Danach «ist erst einmal meine Diplomarbeit an der Reihe», sagt Grandoch. Vielleicht geht er dann ja in die Werbung? »Ich muss nicht immer Kunst machen«, bestätigt Grandoch, fügt aber hinzu: «Ich will frei sein für Projekte, die mich interessieren. Die Theater- und Opernbühne gehört ganz bestimmt dazu.»


 

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