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Titeseite der nmz 2013/11.
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Gut und wahr

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Andreas Kolb über Bewegung in der Kultur Baden-Württembergs
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Baden-Württemberg ist derzeit immer gut für schlechte Nachrichten aus Kunst und Kultur. Wenn nun die neue musikzeitung auch einmal gute Nachrichten von dort melden will, dann wird sie dadurch sicher nicht gleich zur Huffington Post, wo es im Zuge der finalen Abschaffung des Qualitätsjournalismus eine Rubrik mit ausschließlich „guten“ Nachrichten gibt. Die gute Nachricht dieser nmz kommt aus Donaueschingen und besteht aus zwei Teilen:

Erstmals haben die beiden Hauptorganisatoren der Donaueschinger Musiktage, der SWR und die Gesellschaft der Musikfreunde Donaueschingen, ihre langjährige Zusammenarbeit auf vertragliche Füße gestellt. Man blickt hoffnungsvoll in die Zukunft der Neuen Musik und wer hinter derart vollmundigen Versprechungen schon Abwicklung (siehe SWR-Sinfonierochester Baden-Baden und Freiburg) oder Schrumpfungen (siehe Eclat Festival in Stuttgart) vermutet, kann nur ein berufsmäßiger Schwarzseher sein.

Die zweite gute Nachricht kam in der Donaueschinger Abschlusspressekonferenz ganz unspektakulär daher und fand nicht einmal Eingang in den offiziellen Pressetext. Die 1921 gegründeten Musiktage planen erstmals ein biennales Festival zur Nachwuchsförderung, das im Frühjahr 2015 starten soll. Ziel des Festivals „Upgrade – Neue Musikvermittlung“ sei es, junge Menschen an Neue Musik heranzuführen. Als Vorläufer des gemeinsam mit der Bundeskulturstiftung initiierten Nachwuchsfestivals kann die maD, die music academy Donaueschingen, gelten, die seit sechs Jahren dafür verantwortlich ist, dass anstelle akuter Überalterung der Musiktage an manchem schönen Herbsttag jugendhafte Woodstock-Stimmung zu verspüren war.

Der Trend zu neuen Plattformen und Förderstrukturen ist nicht nur an der Donauquelle offensichtlich. Unter dem Titel „Internationale Plattform neues Musiktheater“ haben sich in Bern die Hochschule der Künste, Konzert Theater Bern, die Universität Bern sowie die „Münchener Biennale 2016 – Internationales Festival für neues Musiktheater“ zusammengeschlossen, um Nachwuchsprojekte im aktuellen Musiktheater zu fördern. Noch ein Beispiel: Das biennale Festival „cresc.“ im Rhein-Main-Gebiet, das im November zum zweiten Mal stattfindet, entstand in einer Ko-operation gewichtiger Institutionen wie dem Hessischen Rundfunk, dem Ensemble Modern, dem Institut für Zeitgenössische Musik an der Frankfurter Musikhochschule, dem Internationalen Musikinstitut Darmstadt sowie dem Kulturfonds Frankfurt RheinMain.

Während man also vor zehn Jahren noch darüber debattierte, inwieweit der Avantgarde gewidmete Orte wie Darmstadt und Donaueschingen überhaupt Bereitschaft zeigten, jungen Komponisten ein Forum zu bieten, hat sich die junge Kultur neue Orte geschaffen. Plattformen eben, die im Übrigen auch „dogmenfrei“ sind und nicht länger den ästhetischen Ballast der Avantgarde mit sich herumschleppen.

Dass diese erfreulichen Veränderungen noch nicht überall wahrgenommen werden, zeigt sich vielleicht auch darin, dass die „Süddeutsche Zeitung“ dieses Jahr auf die sonst übliche Festivalkritik der Musiktage verzichtete. Weitere schlechte Nachrichten aus dem Südwes­ten gibt es im Artikel nebenan.

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